Champions League
In Europa liegen Welten zwischen Bayern und der nationalen Konkurrenz
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| Freitag, 11. März 2005Michael Horeni (FAZ 11.3.) deklariert die Ausnahmestellung Bayern Münchens in Deutschland: „Der deutsche Fußball hat schmerzhaft erfahren, daß er nur einen Vertreter besitzt, der europäischen Ansprüchen genügt. Alle anderen Vereine mögen in guten Jahren vielleicht einmal für Aufsehen sorgen, aber die internationale Reife können sie auf Dauer nicht vorweisen, allzuoft reicht es nicht einmal für ein Scheitern auf hohem Niveau – wie es die erweiterte Spitze in Europa angesichts der Leistungsdichte immer in Anspruch nehmen kann. Ob nun Bayer Leverkusen, Werder Bremen, VfB Stuttgart oder früher Borussia Dortmund: all diese nationalen Herausforderer der Bayern, die sich in der Bundesliga abwechselnd zu profilieren verstanden, müssen in der immer weiter ausdifferenzierten Champions League ihre Grenzen erkennen. Die Schwäche der weniger bemittelten Zweidrittelgesellschaft in der Bundesliga verstehen sie zwar auszunutzen, aber im internationalen Wettbewerb steht der Standort Deutschland ziemlich verloren da. (…) Mag sich der Abstand der Bayern zur Konkurrenz in der Bundesligatabelle nur nach Toren bemessen, in Europa liegen Welten dazwischen.“
Sauber
Axel Kintzinger (FTD 11.3.) fügt hinzu: „Hier zu Lande verehrt man Klubs wie den SC Freiburg. Der wirtschaftet so solide. Freiburg spielt zwar auf drittklassigem Niveau – bleibt aber schön sauber. Das System Freiburg ist damit, mal wieder, Trendsetter. Die Stars spielen anderswo, und so ist es kein Zufall, dass nur der FC Bayern, der als einziger Bundesliga-Klub richtig Geld ausgibt für richtige Verstärkungen, noch auf Europas Bühne auftreten darf.“
Library
Von wegen Hölle und Hexenkessel Highbury (wie einige Bayern und TV-Reporter mutmaßten) – Raphael Honigstein (FR 11.3.) korrigiert: „Erst nach Thierry Henrys sehenswertem Tor wurde es in der „Library“ (Bibliothek), so verspotten andere englische Fans das vergleichsweise ruhige Stadion, laut und unangenehm für die Besucher geworden, aber die Bayern hielten stand.“
Spiellust eines ausgelassenen Kleinkindes und die Dynamik einer Handgranate
Bernd Müllender (taz 11.3.) applaudiert Steven Gerrard: „Gerrard war der alle und alles überragende Spielgestalter bei Liverpools konterschlauer Gala. Er war erfüllt mit der unbändigen Spiellust eines ausgelassenen Kleinkindes und hatte die Dynamik einer Handgranate. Vor allem hievte er das Antizipationsvermögen auf neues Niveau: Gerrard wusste vorher nicht nur, was er mit dem Ball machen würde, er schien längst zu wissen, was er damit gemacht hatte. Der 24-Jährige gewann sogar Kopfballduelle, ohne das Spielzeug zu berühren. (…) „Wir haben Lehrgeld bezahlt“, sagte Klaus Augenthaler, in dessen sorgenfurchigem Gesicht sich noch jede Kreuzspinne verfangen hätte. Augenthalers Taktik trug Mitschuld. Der dynamische Techniker Schneider in der Viererkette: verschenkt. Ramelow im Mittelfeld: offensiv wieder mal eine hektische Zumutung. Der Knirps Placente in der Innenverteidigung: ein Fehlgriff. Und Landon Donovan, der US-Boy, spielte Fußball, wie sich die meisten Deutschen beim American Football anstellen würden.“
Laschheit und Selbstzufriedenheit
Peter Heß (FAZ 11.3.) fordert von den Leverkusenern mehr Mut und mehr Schneid: „Verlierern schlägt Häme entgegen, Opfer erhalten Mitleid. Für die cleveren Liverpooler war das Restaufgebot der Leverkusener kein Gegner gewesen. (…) Den Leichtmatrosen im Bayer-Boot fehlte ein Maat, an dem sie sich in der rauhen Liverpooler See hätten festklammern können. (…) Vorstand Holzhäuser, Trainer Augenthaler und das Publikum bewahrten ihre heile Welt mit freundlichen Kommentaren. Aber die Frage muß erlaubt sein, ob das System Bayer einer gewissen Laschheit und Selbstzufriedenheit nicht Vorschub leistet, wenn jede Niederlage gegen vermeintlich übermächtige internationale Gegner entschuldigt wird? Müssen Profis erst im Alter von 28 Gewinnertypen werden? Daß Liverpool kein Team ist, vor dem man sich über die Maßen fürchten muß, machten die Kommentare der britischen Journalisten nach Spielende deutlich.“
Das hat nichts zu tun mit Spielverweigerung und schon gar nicht mit Catenaccio
Peter Hartmanns (NZZ 11.3.) Bedauern über das Ausscheiden Manchesters und Real Madrids tritt in den Hintergrund zu Gunsten der Freude an den zwei italienischen Siegern: „Zwei romantische Lieblinge des europäischen Fussballpublikums bleiben draussen, verabschiedet von zwei Klubs aus der übelbeleumdeten Serie A. Die Erklärung für die italienischen Erfolge besteht aus einem einzigen Begriff: Teamwork. Milan und Juventus sind, jenseits aller Klischees, mit denen der Italo-Fussball im Ausland behaftet ist, als hervorragend organisierte Mannschaften aufgetreten. Die Spieler kämpften solidarisch füreinander, und in manchen Momenten wurde klar, dass dieses Spiel einst aus dem Rugby hervorgegangen ist, dem Mannschaftssport schlechthin, und sich der amerikanischen Football-Variante anzunähern beginnt mit bis in alle Details ausgefeilten Taktikmustern. Milan-Trainer Carlo Ancelotti hat seiner Squadra dieses Kombinationsspiel eingetrichtert, das die Gegner zum stetigen Laufen zwingt wie in einer Hamstertrommel. Die Mailänder Spieler bilden Schwerpunkte in Überzahl, sie verstecken gewissermassen den Ball, schaffen Leerräume, in die sie vorstossen können. Das hat nichts zu tun mit Spielverweigerung und schon gar nicht mit Catenaccio.“
NZZ: Real und Barca scheiden aus