Interview
Jeder Profi ist eine Art kleiner Unternehmer
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| Montag, 14. März 2005Frank Rost mit Richard Leipold (FAS 13.3.)
FAS: Bei Ihrem Kollegen Ailton entsteht zuweilen der Eindruck, daß er sich wie ein Achtzehnjähriger benimmt. Wie sehr stören seine verbalen Eskapaden den Teamgeist?
FR: Den einen oder anderen Exoten wie Toni kannst du ruhig drin haben in einer Mannschaft, den ziehst du mit durch, da können die Leute sich dran reiben, das ist sogar gut. Aber die Exoten dürfen nicht die Oberhand gewinnen. Auch bei uns muß nicht jeder des anderen Freund sein. Jeder Profi ist eine Art kleiner Unternehmer mit individuellen Interessen. Aber bei Schalke mußt du als Spieler mehr als anderswo die Haltung verkörpern, daß du alles für deinen Klub gibst. (…)
FAS: Haben Sie als Fußballstar noch eine Beziehung zum Fan?
FR: Das Verhalten unserer Fans ist faszinierend. Die sind immer da, egal was passiert, die kämen auch in der zweiten oder dritten Liga, das ist bei unserem Partner aus Lüdenscheid genauso, da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Die Fans sind wahnsinnig. Manche sind 52 Stunden mit dem Zug nach Donezk gefahren, um uns spielen zu sehen. Darauf muß man erst einmal kommen. Am Anfang habe ich gedacht, die sind nicht ganz frisch. Aber ich muß zugeben, das war ein Vorurteil. In Donezk habe ich mich mit einigen unterhalten. Und ich habe festgestellt, die sind nicht irgendwie doof, der eine studiert Jura, der nächste Betriebswirtschaft. Ich habe mich gefragt, was treibt diese Jungs an? Deshalb habe ich einen von ihnen zum nächsten Heimspiel eingeladen.
FAS: Was hat er Ihnen erzählt?
FR: Bei Schalke dabei zu sein, egal wo, das ist die Passion dieser Ultras. Die wollen Fun und Abenteuer. Zu Hause haben sie dann etwas zu erzählen. Die sind am Montag losgefahren und am Freitag wieder nach Hause gekommen. Und wie oft sie umsteigen mußten, sechs- oder siebenmal. So viel kannst du gar nicht trinken, daß so eine Fahrt schön wird, durch die Ukraine und solche Länder. Das machen nur die Knallharten, die wollen ihre Städte- und Länderpunkte mitnehmen. Hauptsache, die Anreise ist nicht leicht, die würden nie für ein paar Euro so einen Billigflieger nehmen, das wäre kein Anreiz.