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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ball und Buchstabe

Wahlkampf eröffnet

Oliver Fritsch | Freitag, 18. März 2005 Kommentare deaktiviert für Wahlkampf eröffnet

Roland Zorn (FAZ 18.3.) schaut voraus auf den Wahlkampf zwischen Franz Beckenbauer und Michel Platini um die Uefa-Präsidentschaft: „Der Franzose ist in der Kunst der Intrige geübt und im Knüpfen von Netzwerken. Der Deutsche ist beliebter, präsidialer als der ehrgeizigere Platini, den Beckenbauer schätzt, aber nicht zu seinen Freunden zählt. (…) Ganz um einen Wahlkampf in eigener Sache käme Beckenbauer nicht herum, denn ein Selbstläufer wäre seine Kandidatur nicht. Platini wiederum kann heute schon innerhalb der Gremien, in denen Beckenbauer nicht vertreten ist, Stimmung für sich und sein basisorientiertes Programm machen. Dabei wird er in der Rolle des – kühl kalkulierenden – Fußball-Romantikers Pluspunkte zu sammeln versuchen, während Beckenbauer den Part des generösen Souveräns nicht neu zu lernen braucht. Die Ausgangslage erinnert an das Duell um die Fifa-Präsidentschaft 1998. Damals siegte der Populist Blatter gegen den ursprünglich hohen Favoriten Johansson, einen honorigen Funktionär, den man zum Stimmenjagen tragen mußte. Noch hat sich Beckenbauer im Gegensatz zu Platini nicht bereit erklärt, doch tatsächlich ist der Wahlkampf eröffnet worden. Platini oder Beckenbauer – ein großer Spielmacher wird das Duell zweier Fußball-Stategen gewinnen. Hoffentlich zum Wohle des Spiels.“

Den Stress soll sich lieber der Platini antun

Jürgen Ahäuser (FR 18.3.) deutet das Wort Beckenbauers anders: „Er will’s machen, sagt er. Tatsächlich hat der Himmelsstürmer seine lichte Wolke verlassen und sich mitten hinein geschmissen ins Wahlkampfgetümmel. Wieso? Weil Franz B. immer das Gegenteil von dem tut, was er sagt. Nachdem der PR-Hilfsmediziner Beckenbauer den Arterie-Risiko-Test nicht mehr nur den Leuten schmackhaft macht, sondern auch den Selbstversuch probierte, hat er erkannt: Den Stress soll sich lieber der Platini antun.“

Der nächste Tiefschlag Gerhard Mayer-Vorfelder

Michael Ashelm (FAZ 18.3.) verweist auf die innenpolitische Nebenwirkung der außenpolitischen Forderung Theo Zwanzigers nach der Beckenbauer-Kandidatur: „Die forsche Eingabe mit der populären Personalie Beckenbauer ist ganz nebenbei der nächste Tiefschlag für Zwanzigers ungeliebten, weil schwer einschätzbaren präsidialen Nebenmann Gerhard Mayer-Vorfelder. Der sitzt eigentlich noch bis 2008 im Exekutivkomitee der Uefa, müßte seinen Sessel dort aber nach den bestehenden Regularien räumen, falls sein Landsmann Beckenbauer zum Präsidenten wählen lassen wollte. Damit würde der 72 Jahre alte Mayer-Vorfelder alsbald eine seiner letzten (bezahlten) Bastionen verlieren, denn darüber hinaus ist nicht damit zu rechnen, daß er das DFB-Mandat im Exekutivkomitee des Internationalen Fußball-Verbandes noch lange wahrnehmen wird. Intern gilt Mayer-Vorfelder als unsicherer Kantonist, was die Durchsetzung deutscher Interessen im internationalen Fußball angeht.“

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Plumpe Allegorie

Aus einer Rezension von Andreas Rosenfelder (FAZ/Feuilleton 17.3.) über ein Buch, in dem verschiedene Schriftsteller aus Ost und West über das WM-Spiel BRD gegen DDR (1974) schreiben: „Glanzlichter entstehen dort, wo der Zwang, ein symbolträchtiges Spiel als Motiv unterzubringen, für die literarische Erzeugung von Gegenwart aufgegeben wird: etwa in der intensiven Erzählung des 1978 geborenen Lyrikers Steffen Popp, die mit einem betrunkenen Kick im nächtlichen Stadion von Dynamo Dresden endet. Thomas Brussigs Rollenprosa eines ausgemusterten DDR-Fußballtrainers mündet hingegen, ganz vorhersehbar, in eine plumpe Allegorie: „Soll ich Ihnen sagen, wie Sie sich fühlen, wenn Sie keine Arbeit mehr haben? Sie fühlen sich wie n Ball, aus dem die Luft raus ist.“ Aber dieses Schicksal droht dem Ball nun einmal, wenn er den Literaten für ihre Fingerübungen in die Hände fällt.“

Besprochenes Buch: „Doppelpaß“. Geschichten aus dem geteilten Fußballdeutschland. Hrsg. von Jan Brandt. kookbooks, Idstein 2004. 272 S., br., 17,90 Euro.

FR-Interview mit Friedhelm Funkel über Manfred Amerells Kritik

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