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Moralische Reserve

Oliver Fritsch | Dienstag, 5. April 2005 Kommentare deaktiviert für Moralische Reserve

Ein Portugiese in London – Georg Bucher (NZZ 5.4.): „Ausgerechnet im britischen Königreich, dessen Bewohner Portugal zuweilen auch Dritte Welt nennen, triumphiert ein Lusitaner. Der 42-Jährige aus Setúbal stellt sein Licht nicht unter den Scheffel, im Umgang mit Medienvertretern gar das anglo-lusitanische Verhältnis auf den Kopf. Ein missionarisch beseelter Fussball-Revolutionär im konservativen Mutterland des Fussballs, das nationale Symbol der Portugiesen. Ein Conquistador, der die goldenen Zeiten von Entdeckungen und Eroberungen wieder aufleben lässt. In aufgeklärteren Zeiten ist der Mythos verblasst, jedoch nicht erloschen, eine Art moralische Reserve geblieben, die sich mobilisieren und neuen Gefühlslagen anpassen lässt. Mourinho ist so modern, wie die Portugiesen sein wollen, und reflektiert den (eingebildeten) Grundwiderspruch seiner Landsleute, entweder die Besten oder die Schlechtesten zu sein. Die Figur Mourinhos nimmt messianische Züge an. (…) Fünf Millionen Pfund pro Jahr äufnen das Konto, die höchste Gage aller Premier-League-Trainer. Hält der Erfolg in Chelsea an, könnten nach Ansicht von Sportmarketing-Fachleuten in den nächsten anderthalb Jahren drei Millionen hinzukommen. Denn Mourinho sei für Frauen und Männer gleichermassen der ideale Werbeträger, transzendiere ähnlich wie Beckham Spiel und Mannschaft.“

Wertvollster Mann im Verein

Klaus Hoeltzenbein (SZ 5.4.) betrachtet die Ambivalenz Mourinhos: „Es besteht die Gefahr, dass Mourinho zwischen Genie und Wahn verbrennt, ähnlich wie es mit Christoph Daum geschah. Der war nicht ganz so grandios wie der Portugiese, der 2004 mit Champions-League-Sieger FC Porto bewies, dass der Trainer der wertvollste Mann im Verein sein sollte. Auch für sein neues Werk, den FC Chelsea, ließe sich schwärmen (…) Für alle, die es schon vergessen haben: Chelsea kam gegen den FC Barcelona durch ein irreguläres Tor weiter. Ein Spieler hatte den Torwart auf der Linie gefoult. Englische Zeitungen berichteten, diese Art des Foulspiels werde bei Chelsea trainiert.“

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