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In Turin will Liverpool Heysel hinter sich lassen

Oliver Fritsch | Donnerstag, 7. April 2005 Kommentare deaktiviert für In Turin will Liverpool Heysel hinter sich lassen

Christian Eichler (FAZ 7.4.) schildert Liverpool Sehnsucht nach dem 2:1 gegen Juventus „Liverpool als europäischer Champion? Das wäre eine Renaissance, wie sie am River Mersey seit zwanzig Jahren herbeigesehnt wird. Vor Heysel hatten die „Reds“ England und Europa dominiert und von 1977 bis 1984 viermal den Landesmeisterpokal gewonnen. Der Tragödie und der sechsjährigen Europa-Sperre folgte das internationale Mittelmaß. Aus dem wollen sie nun endlich ausbrechen: Nächste Woche in Turin will Liverpool Heysel hinter sich lassen.“

Details aus der Klubgeschichte

Flurin Clalüna (NZZ 7.4.) ergänzt – und tippt auf Juventus: „Manchmal, am Abend, wenn Rafael Benitez vom Training nach Hause kommt, setzt er sich vor den Fernseher und schaut sich Videos aus den siebziger Jahren über Liverpool an. Oder seine Frau liest Bücher über den Verein und erzählt ihm dann minuziös die Details aus der Klubgeschichte. So wie der legendäre Bill Shankly möchte Benitez gerne sein. Dem Architekten der grossen Erfolge der sechziger und siebziger Jahre haben sie vor dem Stadion ein Denkmal gesetzt. Shankly habe die Leute glücklich gemacht, steht dort eingraviert. (…) Selbst wenn die Tenöre Del Piero und Nedved nicht glänzten und Cannavaro sowie Thuram ungewohnte Fehler unterliefen, bestach diese Juve-Mannschaft durch Beständigkeit und Routine. Das System greift offenbar selbst dann, wenn einzelne Figuren nicht wunschgemäss funktionieren. Es scheint, die Maschine habe ein Eigenleben entwickelt. Deshalb bleibt für Liverpool am Ende das Lob und die Leidenschaft – für Juventus aber die Gunst des Resultates.“

Man sieht, dass wir in Italien die Lektion von Heysel leider noch nicht gelernt haben

Doch Liverpool hat nicht nur eine romantische Vergangenheit. Welche Rolle spielt Heysel in diesem Viertelfinale, Raphael Honigstein (taz 7.4.)? „Michel Platini sah eine Spur zu vergnügt aus … In einer bemerkenswerten, achtseitigen Beilage hatte ihm das seriöse Blatt Times nachgewiesen, dass seine politisch korrekten Aussagen von heute („ich wusste nicht, dass es auch nur einen einzelnen Toten gegeben hatte“) im krassen Widerspruch zu einem am Tag nach dem unglückseligen Finale gegebenen TV-Interview stehen. „Wir wussten es. Wir wussten, 35 oder 37 Leute sind tot“, hatte der Juventus-Spielmacher damals gesagt, „aber wir mussten spielen. Wir taten es für unsere Fans.“ Mit der Vergangenheit ist es wie mit den Haaren auf dem Kopf, wenn sie etwas spärlicher werden: man legt sie sich so hin, dass man sich keine Blöße gibt. Meister der Verdrängung war in den vergangenen 20 Jahren auch das Gros der Liverpooler Fans gewesen. Mal wurde das baufällige Stadion, mal das fehlerhafte Sicherheitskonzept der belgischen Polizei kritisiert, nur selten das eigene Verhalten. Am Dienstag übernahm die rote Hälfte der Stadt erstmals kollektive Verantwortung für das Desaster. (…) Etwa 100 der mitgereisten Juve-Fans hatte leider der Gedenkfeier kollektiv den Rücken zugedreht, den Liverpooler „Amicizia“-Plakaten den Finger entgegengereckt und sogar während der Gedenkminute für den verstorbenen Papst gepöbelt. Als „hirnlose Vollidioten“, bezeichnete Gazzetta-dello-Sport-Korrespondent Giancarlo Galavotti die Minderheit im Mitternachtsradio der BBC. „Man sieht, dass wir in Italien die Lektionen von Heysel leider noch nicht gelernt haben, wir haben immer noch Probleme mit Hooligans. Liverpool-Fans sollen sich genau zu überlegen, ob sie wirklich nach Turin zum Rückspiel fahren wollen.“

NZZ-Bericht Chelsea-Bayern (4:2)

NZZ-Bericht Milan-Inter (2:0)

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