Champions League
Chelsea ignorierte den Stil seines Gegners
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| Freitag, 8. April 2005Roland Zorn (FAZ 8.4.) sieht Chelsea spielen und fordert von den Deutschen, aus der Lethargie zu erwachen: „Der FC Chelsea schlug ein höllisches Tempo an und attackierte die Münchner mit unentwegter Kampfbereitschaft. Dieser im Teamwork leidenschaftliche Eroberergeist schien manchen Star aus deutschen Gefilden derart überrascht zu haben, daß darüber die Fähigkeit, den Überblick zu behalten, oft genug verlorenging. Was in vertrauten Bundesliga-Gefilden immer wieder glückt – den Spielrhythmus bei Bedarf zu variieren, genug Zeit und Ruhe am Ball zu haben –, verfing in London nicht. Chelsea ignorierte den Stil seines Gegners und bestimmte selbst, wie der Ball zu rollen und zu fliegen hatte. Der Londoner Powerbeat könnte zum Trendsetter einer Saison werden, in der Deutschlands Klubs wieder einmal über die Rolle des europäischen Mitläufers nicht hinausgekommen sind. (…) Die Zeit der Nabelschau in der Bundesliga, die sich lieber über ihre neuen Stadien freut, statt mit neuer Spielfreude für sich zu werben, sollte allmählich vorbei sein. Neugier, Innovationsbereitschaft, Lernfähigkeit sind im auf vielerlei Weise stagnierenden Land des kommenden Möchtegern-Weltmeisters dringend notwendig, sollen in vollen Arenen Durchschnittsinszenierungen demnächst nicht mehr mit Spitzenprodukten verwechselt werden.“
Zweifel am sportlichen Niveau
Philipp Selldorf (SZ 8.4.): „Worin besteht das Werk von Felix Magath? So recht weiß das noch immer keiner. Auftritte, die den prägenden Charakter von Magaths taktischen Überlegungen und die besondere Substanz des Teams offenbarten, wollen nur wenige einfallen, stattdessen vier erstaunlich verwandte Niederlagen: Zweimal 0:1 gegen Juventus, zweimal 0:1 gegen Schalke. In dieser Bilanz der Spitzentreffen, aktualisiert durch das 2:4 in London, nähert sich der FC Bayern auf bedenkliche Weise dem Trauma der deutschen Nationalelf, die immer ein Lob für ihre Anstrengungen erhält, aber die Spiele gegen die großen Gegner nie gewinnen kann. (…) So mehren sich die Zweifel, ob der FC Bayern das sportliche Niveau besitzt, das er gewohnheitsmäßig für sich reklamiert.“
Kapital
Ralf Sotscheck (taz 8.4.) nennt die Gegenwärtigkeit José Mourinhos: „Der FC Chelsea spielt so diszipliniert wie ein Computer, der von Mourinho programmiert worden ist. Der hat übrigens Kapital aus seiner Uefa-Strafe geschlagen. Weil sich Mourinho von seinem Verein bei den Querelen im Stich gelassen fühlte, befürchtete man, dass er zum Sommer kündigen werde. So erhöhte Roman Abramowitsch Mourinhos Gehalt kurzerhand um eine 1 Million auf 5,2 Millionen Pfund im Jahr.“
FAZ: „Die Deutungshoheit nach dem Spiel wollten die Bayern sich nicht auch noch von der Überzeugungskraft der Fakten rauben lassen“
NZZ: Michael Ballacks „Theatralik“, also Michael Ballacks Schwalbe
Hang zur Dietrologie
Peter Hartmann (NZZ 8.4.): „Es sieht für Inter düster aus, die „Nerazzurri“, die Schwarzblauen, können einfach nicht meh[r gewinnen gegen Milan. Seit neun Spielen mittlerweile, seit über drei Jahren und, Zufall oder rotschwarze Magie – seit Pirlo mit den „Rossoneri“ spielt. Der Fall Pirlo ist exemplarisch für die Ungeduld des verschwenderischen Inter-Besitzers Massimo Moratti, der sich den Erfolg seit zehn Jahren zu kaufen versucht. Der schmächtige Ballkünstler kam 1998 mit 19 Jahren nach Mailand und wurde von den Trainern, die sich die Kabinentür in die Hand gaben, verkannt, obwohl er mit der U 21 Europameister wurde (er selber schoss die beiden Tore im Final gegen Tschechien). Er landete wieder in Brescia und, weil er noch Inter gehörte, als Manövriermasse in einem Tauschgeschäft bei Milan. Vielleicht hat auch nur sein Name gestört, Pirlo ist ein vulgäres Synonym für Penis (…) Die Entdeckung Pirlos erscheint manchen als höhere Fügung, wie die Findung des Dalai Lama. Italienische Sportjournalisten haben einen Hang zur „Dietrologie“, das heisst, Dinge hinter den Dingen zu suchen, aus Zahlen schwarze Magie abzuleiten. Ist Pirlo eine Wiedergeburt Gianni Riveras?“