Internationaler Fußball
Letzte Bastion der zügellosen Freiheit
Kommentare deaktiviert für Letzte Bastion der zügellosen Freiheit
| Dienstag, 12. April 2005Real besiegt Barca 4:2 – Ralf Itzel (BLZ 12.4.) hat sich bestens amüsiert: „Von Taktik konnte keine Rede sein. Oder höchstens von der, die Kinder weltweit auf Schulhöfen praktizieren: Im Hurrastil alle nach vorne! Es war die pure Anarchie, was Spaniens Klassiker zum großartigen Spektakel machte, ihn aber gleichzeitig belanglos erscheinen ließ. Spaniens Primera Division präsentierte sich als letzte Bastion der zügellosen Freiheit im europäischen Fußball, derart bar jeglicher Abwehrorganisation, dass man verstehen konnte, warum die beiden iberischen Vorzeigeklubs die Champions League vorzeitig verlassen mussten.“
Salonfussballer
Markus Jakob (NZZ 12.4.) ergänzt: „Barça schien sich aus einer andern Gewichtsklasse in diesen Tempel der Schwergewichte des Fussballs verirrt zu haben. Die Katalanen spielten den tempo- und einfallsreicheren, auch den verführerischeren Fussball. Aber, wie es El País ausdrückte, eben doch eine Art „fútbol de salón“, dem es an Konsistenz mangelt. Schon gegen andere Widersacher von Format, Chelsea und zuletzt Betis Sevilla, hatten die Salonfussballer aus Barcelona sich früh überrumpeln lassen. (…) Ganz anders das Team von Real Madrid, dessen Spielanlage direkt aufs Kinn des Widersachers zielte. Die Beine seiner grossen nicht mehr ganz jungen Spieler mochten neben den blaugranatenen, gauklerhaften Ballartisten bleiern anmuten; zugleich aber erschien der Triumph von Real Madrid, erzielt ohne Umschweife und dank umso grösserer Spielübersicht, wie eine Imposition.“
Sehr viel Stil und wenig Hirn
Paul Ingendaay (FAZ 12.4.) fügt hinzu: „Immerhin kann Real Madrid noch laut die Trompete blasen, und das ist mehr, als man dem Team zugetraut hatte. (…) Daß es ein leidenschaftlicher Abend mit packenden Duellen und dutzendweise Torraumszenen wurde, lag vor allem am taktischen Unvermögen des Tabellenführers. Die Katalanen spielten wie schon beim 2:4-Ausscheiden gegen Chelsea London: mit sehr viel Stil und wenig Hirn. Als zählten nicht Tore, sondern Haltungsnoten. (…) Aber es war nicht mehr das große Real Madrid von einst. Es war die Erinnerung daran, ein nostalgisches Zitat. Früher hätte diese Mannschaft versucht, jeden Gegner zu überrollen. Heute muß sie auf den Überraschungsfaktor, auf Konterchancen oder das eigene Publikum hoffen.“