Champions League
Folklore und zeitgenössische Strategien
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| Freitag, 15. April 2005Christof Kneer (SZ 15.4.) erklärt den derzeitigen Erfolg des englischen Fußballs: „England war not amused, als der Verband im Jahr 2001 dem Schweden Eriksson die Nationalelf anvertraute, zumal der Neue strafverschärfend gestand, er könne weder die Nationalhymne singen noch sei er ein Freund des Alkohols. Heute weiß man: Eriksson war ein Trendsetter. Ihm folgten unter anderem José Mourinho und Rafael Benitez, und längst haben die Spitzenteams den britischen Stil mit europäischen Elementen veredelt. Sie haben sich die Folklore erhalten, ihr Tempo, ihren Ehrenkodex, aber sie haben sich modernisiert mit zeitgenössischen Strategien und Profis, die sie nicht nur teuer im Ausland einkaufen, sondern auch in Elite-Unis ausbilden. Nicht mehr auf dem Lehrplan: wie man 16 Pints trinkt und trotzdem Fußball spielt.“
Ideenlos und leidenschaftslos
Juve schießt kein Tor; Dirk Schümer (FAZ 16.4.) ist enttäuscht, aber nicht überrascht: „So etwas kann im Fußball, den nicht einmal Trainer-Stratege Fabio Capello im voraus zu berechnen vermag, durchaus vorkommen. Durch und durch enttäuschend war indes die fade Art und Weise, in welcher der piemontesische Traditionsklub zwanzig Jahre nach dem bitter schmeckenden Endspielsieg über Liverpool beim Brüsseler Heysel-Massaker klein beigab: Ideenlos und leidenschaftslos konnte Juventus niemals Druck gegen die nicht einmal berauschenden Briten aufbauen. Das mag wie oft in Italiens Fußball an einem Übermaß an Vorsicht, ja Feigheit liegen. Capello hatte seinen Mannen geraten, sich mit dem entscheidenden 1:0 Zeit zu lassen. Es sah danach so aus, als wollten die Turiner mit der Attacke bis nach dem Abpfiff warten.“
Fussballspiele sind keine künstlerischen Werke, sondern knallhartes Geschäft
Claudio Klages (NZZ 15.4.) über die Ursache des Liverpooler Siegs: „Juventus, in der ruhmreichen Vergangenheit bekannt für den Gemeinschaftssinn, die Ausgeglichenheit zwischen den Linien und die Unterordnung jedes Einzelnen, war diesmal ein falsch zusammengesetztes Puzzle. (…) Aufwand und Ertrag, Mittel und Zweck stehen im FC Liverpool im ausgewogenen Verhältnis – sportlich wie wirtschaftlich. Mit Minimalismus wurde erneut das Maximum erreicht, aber Fussballspiele sind keine künstlerischen Werke, sondern knallhartes Geschäft. Das weiss auch Juve – seit Jahren. Ungemein nüchtern und diszipliniert und durchaus auch vom Glück begünstigt hat Liverpool diesen grossen Schritt in den Halbfinal gemacht.“
Andere kaufen Stars, um besser zu werden – PSV verkauft sie und wird besser
Christian Eichler (FAZ 15.4.) führt den Erfolg des PSV Eindhoven zu einem Gutteil auf den Trainer zurück: „Als 41 Jahre alter Jungtrainer führte Guus Hiddink den PSV zum Gewinn des Europapokals der Landesmeister 1988 – im Elfmeterschießen gegen Benfica Lissabon. Doch erst seit Hiddink nach zwölf Wanderjahren und dem Erreichen des WM-Halbfinals mit Südkorea 2002 zurückkehrte, ist Eindhoven wieder in Sichtweite der europäischen Spitze. Dabei fehlte es nie an Spitzenkräften. Eindhoven formte den Gegenentwurf zum Ajax-Modell: eine Kombination aus sperrigem Sicherheitsfußball und dem Schnäppchengespür für sensationelle Sturmtalente. Der junge Romario kam aus Brasilien zum PSV, später der siebzehnjährige Ronaldo, beide wurden teuer nach Barcelona verkauft. Die Philips Sport Vereniging schien wie eine Fabrik, die Superstürmer am Fließband produzierte. Ruud van Nistelrooy brachte 30 Millionen Euro, als er nach Manchester ging. Mit Arjen Robben (für 18 Millionen Euro zum FC Chelsea) verkaufte Eindhoven vor einem Jahr den möglichen nächsten Weltstar. (…) Andere kaufen Stars, um besser zu werden – PSV verkauft sie und wird besser.“
Ein Coach, der Kleine wachsen lässt
Christoph Biermann (SZ 15.4.) ergänzt: „Den Trainer sollte man langsam zu den Großen seines Fachs zählen. Hiddink ist ein Coach, der Kleine wachsen lässt. Immer erkennt man dabei ein aufeinander abgestimmtes Team.“
NZZ: Der PSV Eindhoven feiert sich als unbeschwerter Aussenseiter
SZ: Der Teamgeist ist angeschlagen: Bei den Bayern wirkt das Europacup-Aus nach