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Bundesliga

Im Alltag genügen viel zu oft durchschnittliche Leistungen

Oliver Fritsch | Montag, 18. April 2005 Kommentare deaktiviert für Im Alltag genügen viel zu oft durchschnittliche Leistungen

Von wegen Glück – Michael Horeni (FAZ 18.4.) erklärt den Erfolg Bayern Münchens: „Die Kategorien Glück und Pech, die Schalke bei seinem verlorenen Titelendspurt 2001 schon zur Genüge strapazierte (das reicht für ein ganzes Fan-Leben), taugten in dieser Spielzeit keineswegs für einen Vergleich mit dem FC Bayern. In wenigen Sekunden verdichtete sich im Fernvergleich vielmehr eine seit Jahren erkennbare Tendenz, daß deutsche Klubmannschaften bis auf den FC Bayern kaum in der Lage sind, entscheidende Spiele selbst im nationalen Wettbewerb zu gewinnen. (…) Im Alltag genügen viel zu oft durchschnittliche Leistungen und ein paar Standardsituationen, um eine Partie zu gewinnen. Die läuferische Intensität in den Spielen ist vergleichsweise gering, technisch anspruchsvoller Fußball bei höchstem Tempo und taktische Meisterleistungen finden sich vielleicht in England, Spanien und Italien, nicht aber in der Bundesliga, die weit mehr vom Spannungsmoment des Ligabetriebes, der sich von selbst ergibt, als von der Qualität der Klubs Samstag für Samstag lebt.“

Logischer Champion

Auch Andreas Burkert (SZ 18.4.) verweist auf die Schwäche der Konkurrenz: „Die 42. Saison bringt einen besonders logischen Champion hervor. Denn sie haben ihre Potenz (das meiste Geld, die meisten Könner) wieder in eine routiniert dominante Leistung verwandelt. Die Konkurrenz dagegen verkraftete entweder die anstrengenden Europacup-Nächte nicht (Bremen), welche die Bayern seit Jahren vorbildhaft kompensieren – sie hat auf das Phänomen Druck (über-)reagiert wie die ausgelaugten Schalker, die sich nach dem 1:0 über Bayern inklusive Tabellenführung offenbar arg erschrocken haben –, oder sie haben partout nicht über den Titel reden wollen wie der VfB mit Coach Sammer, dessen Zurückhaltung allzu oft am Stil seines Teams abzulesen war. Der FC Bayern dagegen hat unter seinem neuen Trainer Magath einen Weg gefunden, seine Überlegenheit auszuschöpfen. Wofür Magath ansonsten steht, dürfte sich wohl erst nach dieser Spielzeit der Neuorientierung zeigen. Eine Sammlung galagleicher Auftritte wird jedenfalls von seinem ersten Trainertitel nicht in Erinnerung bleiben. Denn viel mehr als Ausdauer und der von Magath wiederbelebte Behauptungswille ist seinem Team selten verlangt worden – zu groß ist die Leistungslücke, die zu den Herausforderern klafft.“

Mit Dusel hatte es nichts zu tun

Ein Déjà-vu für Matti Lieske (taz 18.4.) – und ein Déjà-entendu: „Die Bayern hatten nach ihrem als bitter empfundenen Ausscheiden in der Champions League nicht überragend gespielt, aber ordentlich, Owen Hargreaves schoss in letzter Minute ein wunderbares Tor zum verdienten Sieg, die Verfolger spielten jämmerlich. Das war in gewisser Weise typisch, mit Dusel hatte es nichts zu tun. Typisch aber auch, dass die Konkurrenten kollektiv ihre Kapitulation verkündeten. Fragte man bei einem Rückstand von sechs Punkten fünf Spieltage vor Schluss Hoeneß, Beckenbauer, Kahn oder Rummenigge, ob die Meisterschaft entschieden sei, sie würden einem gehörig heimleuchten.“

Laiendarsteller auf dem Regiestuhl

Worauf sind die Niederlagen Schalkes zurückzuführen, Richard Leipold (FAZ 18.4.)? „Die Hauptursache sieht Assauer in der Qualität „der Spieler dreizehn, vierzehn und fünfzehn“. Im Gegensatz zu den Bayern sei Schalke nicht in der Lage, jede Stammkraft nahezu gleichwertig zu ersetzen. Er spielte auf das Fehlen der gesperrten Stammkräfte Bordon und Lincoln an. Gegen den zunächst verschlafenen HSV konnten die Gelsenkirchener vor allem ihren Regisseur Lincoln nicht angemessen ersetzen. Weder Christian Poulsen noch Hamit Altintop und auch nicht der ins Mittelfeld zurückgezogene Stürmer Ebbe Sand vermochten, bei allem Eifer, auch nur eine jener Ideen zu entwickeln, auf die vor allem der diesmal beinahe unsichtbare Torjäger Ailton angewiesen ist. In ihrem Bemühen um Kreativität wirkten Lincolns Vertreter wie Laiendarsteller auf dem Regiestuhl.“

Irrtum

Gregor Derichs (FAZ 18.4.) kommentiert die Ablehnung des Rücktritts Dick Advocaats: „Eine Auflösung des im November des Vorjahrs geschlossenen und bis 2007 laufenden Vertrages wäre auch einer Bankrotterklärung für die Personalpolitik der Gladbacher Verantwortlichen gleichgekommen. Advocaat soll seine zusammengewürfelte Truppe, in die neun Spieler zu Saisonbeginn und sieben weitere Zugänge in der Winterpause zu integrieren waren, selbst aus dem Schlamassel führen. Dabei wird die Verpflichtung des Trainers im Umfeld, aber auch von Mitarbeitern des Klubs, als Irrtum eingestuft. Beim Publikum hat Advocaat seinen spärlichen Kredit schon aufgezehrt. Aufruhr herrscht auch im aufgeblähten Kader.“

Übler, erfolgloser Fußball

Ulrich Hartmann (SZ 18.4.) bemerkt zur Lage in Gladbach: „Es herrscht panische Ratlosigkeit im Verein, weil weder der verpflichtete Trainer Advocaat noch dessen verpflichtete sieben Fußballer noch die überhaupt hohen Investitionen in die Mannschaft irgendetwas Positives bewirkt haben. Die Mannschaft spielt üblen, erfolglosen Fußball, und die Fans rebellieren, aber das Schlimmste droht dem Klub bei einem Abstieg, denn in der zweiten Liga lassen sich die enormen Investitionen ins Stadion und in die Mannschaft nicht annähernd amortisieren.“

Schizophrener Auftritt

Javier Cáceres (SZ 18.4.) hält den Stuttgartern Unentschlossenheit vor: „Es war ein durch und durch schizophrener Auftritt, den sich die Stuttgarter leisteten, und er war symptomatisch für die derzeit herrschende Meinungsvielfalt in der Mannschaft und ihrem Umfeld. Denn so wie man sich auf dem Rasen nicht verständigen konnte, ob man Rostock besser durch Ausschüttung von Testosteron oder aber fußballerisches Talent besiegen wolle, war man sich bislang nicht darüber einig, wonach man nun eigentlich trachtet.“

Eine fast perfekte Synthese aus Abwehrbollwerk und kreativer Unruhe

Bremens Trend geht nach untern, Berlins Trend nach oben – Jörg Marwedel (SZ 18.4.): „Der „neue“ Marcelinho will sich einen Imageberater zulegen, um den Ruf des Diskokönigs loszuwerden, doch das ist eigentlich überflüssig, wenn er und das Team so weiterspielen wie in Bremen. Die Berliner Harmoniker scheinen nämlich eine neue Entwicklungsstufe erklommen zu haben – eine fast perfekte Synthese aus Abwehrbollwerk und kreativer Unruhe, deren Hauptquelle der über das Feld streunende Marcelinho ist. Meist ließ man die Bremer das Spiel machen, um sie dann mit nur zwei, drei Zügen zu überrumpeln. Aus Sicht von Dieter Hoeneß hat Falko Götz nun „perfektioniert, was sein Vorgänger Hans Meyer eingeleitet hat“. Nicht einmal gegen einen Vergleich mit Chelsea London mochte Hoeneß sich sträuben. (…) Das Kollektiv war Werders große Stärke im Meisterjahr, jetzt funktioniert es nicht mehr reibungslos.“

Trainerstimmen zum Spieltag, sueddeutsche.de

Bildstrecke, sueddeutsche.de

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