Internationaler Fußball
Wunderbar versöhnliche Sekunden der Fairness
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| Dienstag, 19. April 2005Es geht auch anders, doch so geht es auch. Tobias Schächter (taz 19.4.) berichtet vom Istanbuler Derby zwischen Fenerbahce und Besiktas (3:4): „Der Bosporus verbindet Europa und Asien, aber er trennt die Fußballfans. Mit Fährschiffen kamen die Anhänger von Besiktas über die Meerenge nach Asien, Leuchtraketen schießend und Rettungsringe ins Wasser werfend. Unter Polizeischutz wurde dieser wilde Mob dann in überfüllten Bussen zum Stadion gekarrt. Steine werfende Fenerbahce-Fans säumten den Weg. Die Busse hatten bald keine Scheiben mehr, aber viele Dellen. Als sie leer und unter dem Beifall der „Fener-Fans“ wieder abfuhren, sahen sie wie einem Mad-Max-Film entsprungene Wracks aus. Jagdszenen spielten sich ab, und die berüchtigten „Amigos“, kriminelle Vorsteher von Fanklubs, verteilten von den Vereinen erhaltene Freikarten wie eh und je, obwohl dies seit letztem November nach einem Mord im Besiktas-Stadion verboten ist. Umso verwunderlicher, was sich direkt nach dem Abpfiff dieses denkwürdigen Istanbuler Derbys ereignete: Für Sekunden herrschte eine bedrohliche Stille in den Kurven der Fenerbahce-Fans, und man dachte, der Zorn über die Verlierer würde sich nun Bahn brechen. So oft hat man das erlebt. Wer in Istanbul ein Derby verliert, dem drohen Prügel. Doch diesmal war für einen magischen Moment alles anders. Die „Fenerli“ applaudierten. Sie applaudierten leise und anerkennend. Den Verlierern und den Siegern. An eine solch warmherzige Szene in einem türkischen Fußballstadion konnte sich kaum jemand erinnern. Die Dramaturgie eines leidenschaftlichen Fußballspiels schuf unerwartet und wunderbar versöhnliche Sekunden der Fairness.“
Abflachung der Hierarchie
Georg Bucher (NZZ 19.4.) kommentiert den Höhenflug von Sporting Braga: „Die vermeintlich zementierte Vormachtstellung des Triumvirats Benfica/Porto/Sporting war in der Saison 2000/01 von Boavista durchbrochen worden. Allerdings hatte sich der Bessa-Klub schon in der letzten Dekade als vierte Kraft des portugiesischen Fussballs etabliert und den Rivalen öfters Paroli geboten. Für einen Höhenflug der „Arsenalista“ aus Braga fehlte jegliche Vorwarnung. Sie galten als Cup-Mannschaft, schwankten in der Liga beständig zwischen Uefa-Cup-Rängen und dem Abstiegskampf. Die finanzielle Lage ist seit Jahren angespannt (…) Braga symbolisiert einen Trend, den Wandel vom typisch lusitanischen Starkult zu homogeneren Einheiten, die Abflachung der Hierarchie nicht nur in der Superliga, sondern auch innerhalb der Kader. Prädestiniert, dieser Philosophie Konturen zu verleihen, ist der 58-jährige Jesualdo Ferreira. (…) Braga hat gegen kleinere Klubs Federn gelassen und sich zur Freude des Erzbischofs Dom Jorge Ortega den Ruf eines barmherzigen Samariters erworben. Laizistische Kreise ziehen die Bezeichnung Robin Hood vor.“
NZZ: zur Lage in Österreich