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Bundesliga

Alles scheint wie programmiert

Oliver Fritsch | Montag, 25. April 2005 Kommentare deaktiviert für Alles scheint wie programmiert

Roland Zorn (FAZ 25.4.) vermisst, nicht nur in der Bundesliga, Überraschungen und führt diesen Mangel auf Geld zurück: „Aus der zementiert wie lange nicht anmutenden pyramidalen Ordnung ist seit Wochen keine Mannschaft ausgebrochen oder weggebrochen; alles scheint wie programmiert; allein Hertha BSC Berlin, der große Aufsteiger der Rückrunde, liefert der Kundschaft zur Zeit erfreuliche Spiele und Augenblicke frei Haus. Da wächst etwas zusammen, was vielleicht schon bald in die Champions League gehört. Der Rest ist absehbar und von regionalem Interesse. Ähnlich katalogisiert und überraschungsarm wie in Deutschland geht es in anderen Ländern zu, wo die reichen auch die erfolgreichen Klubs sind, wo sich die alten und neuen Meister (Chelsea, Barcelona, Lyon) seit Monaten abzeichnen, wo die nationalen Ligen den Preis für die internationalen Gewinnausschüttungen zahlen. Fast alle ergeben sich in ihr Schicksal, fast niemand lehnt sich gegen sein Los auf.“

Tiefe Depression

Philipp Selldorf (SZ 25.4.) sorgt sich um Schalke: „Sind die Schalker überhaupt Verlierer? Oder sind sie nicht eigentlich die große Entdeckung der Saison? (…) Der Eindruck steht, dass die Mannschaft und ihre Lenker in der entscheidenden Phase versagt haben. Nach 30 Spieltagen ist Schalke Zweiter und steht im Pokalfinale – und ist in den Zustand tiefer Depression eingetreten. Für die nächsten Aufgaben lässt das nichts Gutes erwarten. Die vergangenen Wochen mögen schwierig gewesen sein, die kommenden könnten furchtbar werden.“

Demokratisch herausgespielte Treffer

Matti Lieske (taz 25.4.) veranschaulicht den neuen Berliner Stil: „Es ist ein merkwürdiges System, mit dem die Berliner ihre Erfolge feiern. Weit entfernt vom Tempofußball der europäischen Spitzenteams, bei denen fast jeder Spieler in der Lage ist, gefährliche Angriffe einzuleiten, befleißigt sich Hertha einer Art Triangle-Offense, wie sie der Basketball-Coach Phil Jackson bei Michael Jordans Chicago Bulls und den Los Angeles Lakers erfolgreich praktizierte. Geduldig wird der Ball unter Vermeidung jeglichen Risikos in der eigenen Hälfte umher gepasst, gern auch mal zurück zum Torwart, bis sich die Möglichkeit ergibt, ihn Marcelinho oder Bastürk zu geben. Diese inszenieren dann den eigentlichen Angriff. Ein System, das Ballverluste minimiert, weil nur diejenigen Risiken eingehen, die es auch können. Vervollständigt wird das Dreieck entweder vom laufstarken Gilberto auf der linken Seite oder von Rafael im Sturmzentrum. Dieses Zusammenspiel genügt in der Regel, um eine Reihe von Torchancen zu erarbeiten, gegen Schalke führte es zu drei wunderbar und demokratisch herausgespielten Treffern.“

Selten ist ein Abstieg so geräuschlos vollzogen worden

SC Freiburg, ohne Trauer, Wut und Mitleid in die Zweite Liga – Richard Leipold (FAZ 25.4.): „Den ersten, vielleicht auch noch den zweiten Abstieg des SC Freiburg betrauerten sogar Unbeteiligte. Der Verweis zurück in die Zweite Bundesliga war gleichbedeutend mit dem Scheitern des sogenannten Freiburger Modells, das lange als Vorbild für Vereine mit kleinem Etat und großer Seriosität galt. Der dritte Abstieg versetzt nicht einmal mehr die Badener selbst in Trauerstimmung. Der Pendelverkehr zwischen den Ligen wird in Freiburg allmählich zur Gewohnheit. Selten ist ein Abstieg so geräuschlos, ja selbstverständlich vollzogen worden wie dieser.“

Zu lange Ballzirkulation ist tödlich

SC Freiburg, die Avantgarde von gestern – Felix Meininghaus (FTD 25.4.): „Die Freiburger Philosophie von Ballbesitz und Ballkontrolle scheint überholt. Stattdessen lassen Jürgen Klinsmann oder Uwe Rapolder den so genannten „One-Touch-Football“ praktizieren, bei dem die Aufgabenstellung lautet, bei Ballbesitz möglichst schnell und direkt in die Spitze zu spielen. Was Rapolder will, wurde auf der Alm trefflich vorgeführt: 60 Prozent Ballbesitz zugunsten der Freiburger waren eine trügerische Überlegenheit: „Zu lange Ballzirkulation ist tödlich“, referierte Rapolder, „wir haben alle Spiele verloren, in denen wir mehr Ballbesitz hatten.“ Damit zeigte Bielefelds Trainer indirekt auf, woran das Freiburger Spiel krankt.“

Niederlagen neben dem Feld

Frank Heike (FAZ 25.4.) kommentiert die gescheiterten Transfers des Hamburger SV: „Es waren zwei gute Wochen für den HSV auf dem Feld, doch daneben mußte Sportchef Dietmar Beiersdorfer einige Niederlagen einstecken. Owomoyela entschied sich für Bremen, Bajramovic für Schalke, Rolfes für Leverkusen – an allen war auch der HSV interessiert. Aus welchen Gründen auch immer – die bessere Perspektive bei anderen Klubs, das geringere Gehalt beim nach den Millionentransfers des letzten Sommers zum Sparen angehaltenen HSV – gingen die Hamburger leer aus. Es wird ein arbeitsamer Sommer für Beiersdorfer. Sorgen muß er sich noch nicht: Auch 2004 holte er die Tophits erst im Sommerschlußverkauf, van Buyten und Boulahrouz. Aber der Wahrnehmung des HSV hätte es gutgetan, einen deutschen Nationalspieler wie Owomoyela (der zudem hier aufwuchs) oder einen jungen Emporkömmling wie Rolfes oder Bajramovic zu bekommen.“

Angst vor dem Morgen

Roland Zorn (FAZ 25.4.) bezweifelt Stuttgarts Anspruch: „Das 0:0 beraubte den schwäbischen Champions-League-Kandidaten einer großen Tageshoffnung und weckte die Angst vor dem Morgen. Sie reden in Stuttgart zwar noch von Platz zwei und damit der direkten Qualifikation für den begehrtesten europäischen Klubwettbewerb, fürchten aber auch wie im Vorjahr die Rolle rückwärts auf einen Rang, der nur noch den billigen Trost Uefa-Cup bereithält. Angesäuert, frustriert und sogar wütend, also emotional wie in der ganzen Partie nicht, reagierten die Stuttgarter Spieler auf die ungewollte Punktlandung. (…) Der VfB Stuttgart besitzt vielleicht doch nicht das Zeug dazu, einen Platz ganz oben beanspruchen zu können.“

Meister der Effektivität

Lernen am Modell – Uwe Marx (FAZ 25.4.) erklärt Mainzer Erfolg: „Mäßig spielen, trotzdem gewinnen und unerschütterlich selbstsicher nach vorne schauen: das ist – nein, nicht nur der FC Bayern, das ist neuerdings auch Mainz 05. Ein Aufsteiger wie der oftmalige und wohl auch nächste Titelträger: ein Meister der Effektivität.“

Elisabeth Schlammerl (FAZ 25.4.) jagt vergeblich große Münchner Töne: „Es herrscht ungewohnte Zurückhaltung bei dem Klub, der sich sonst so gerne in den Mittelpunkt rückt und seine Siegesgewißheit immer und überall zur Schau stellt.“

Trainerstimmen zum 20. Spieltag, sueddeutsche.de

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