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Ball und Buchstabe

Manche Dinge lassen sich irdisch nicht wieder gut machen

Oliver Fritsch | Dienstag, 26. April 2005 Kommentare deaktiviert für Manche Dinge lassen sich irdisch nicht wieder gut machen

Rainer Koch, Vorsitzender Richter im Sportgericht, im Interview mit Robert Ide und Michael Rosentritt (Tsp 26.4.)
Tsp: Was ist außergewöhnlich am Fall Hoyzer?
RK: Er betrifft Sachverhalte, die in den Statuten des DFB nicht ausdrücklich normiert waren. Es gibt keinen klaren Einspruchssachverhalt der Spielmanipulation.
Tsp: Und das wird jetzt beim Bundestag des DFB in Mainz geregelt?
RK: Ja. Die Anträge setzen die vom Sportgericht entwickelte Rechtssprechung um.
Tsp: Das heißt, Sie passen durch Ihre Sprüche die Regeln des DFB der neuen Realität an?
RK: Es gibt zwei Rechtssysteme auf der Welt, den sich auf Gesetze stützenden kontinal-europäischen und den auf Fallrecht basierten anglo-amerikanischen Rechtskreis. Dort hat man nie Gesetze formuliert, weil man der Meinung ist, dass man nicht alle Sachverhalte exakt festlegen kann. Darum hangeln sich Richter von Fall zu Fall. Beim Wett- und Manipulationsskandal mussten wir ähnlich handeln. (…)
Tsp: Warum ist Robert Hoyzer glaubwürdig?
RK: Für eine Beweiswürdigung gibt es klare Kriterien: keine Widersprüche, vollständige Aussagen. Hoyzer hat alles allein erzählt, hat deutlich Dinge aus eigener Beobachtung geschildert. Zu dem Eindruck scheint mir auch die Berliner Staatsanwaltschaft und die dortige Ermittlungsrichterin gekommen zu sein.
Tsp: Hoyzer hat erst geredet, als der Betrug aufzufliegen drohte.
RK: Dass Täter erst dann geständig werden, überrascht einen Richter nicht. (…)
Tsp: Zu Ihrer Rolle: Sie hatten eine Entscheidung zu treffen. Das Pokalspiel zwischen dem HSV und Paderborn in der ersten Runde war manipuliert. Aber es wurde nicht wiederholt, weil der Wettbewerb fortgeschritten war. Schmerzt es sie als Richter, dass ein Vergehen nicht gesühnt wird?
RK: Um Sühne ging es in den Sportstrafverfahren gegen Herrn Hoyzer oder den Spieler Waterink. Bei Hamburg gegen Paderborn ging es um die Annullierung des Spielergebnisses. Hier entstand die Frage: Wie gehe ich mit einem Einspruch um, bei dem das Geschehen nicht wieder gut gemacht werden kann? Zunächst versucht er, den alten Zustand wiederherzustellen. Wenn das nicht geht, wird über Schadensersatz gesprochen. Wenn ich einen Pullover dreckig mache, kann ich ihn waschen. Wenn einem aber der Arm abgeschnitten wird, kann man den nicht wieder annähen. Manche Dinge lassen sich irdisch nicht wieder gut machen.
Tsp: Mit wie vielen Beschädigungen geht der deutsche Fußball aus der Affäre hervor?
RK: Es ist sicher nicht meine Aufgabe, die blauen Augen des Fußballs zu zählen.

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