Interview
Ein Spiel ohne Grenzen hasse ich
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| Montag, 2. Mai 2005Uli Hoeneß mit Roland Zorn (FAZ 2.5.) über die Frage, wer den Nationaltorhüter zu bestimmen glaubt
FAZ: Was gefällt Ihnen an Magath, der sich oft selbstkritisch bis grüblerisch über seine Arbeit äußert?
UH: Ich glaube, er hat in seiner Trainerlaufbahn sehr viel leiden müssen – ob in Bremen, in Nürnberg oder in Frankfurt. Sogar in Stuttgart, wo er großen Erfolg hatte, gab es nach meinen Erkenntnissen im Innenverhältnis Dissonanzen. Sonst wäre es für uns nicht so leicht gewesen, Magath aus einem laufenden Vertrag heraus zu bekommen.
FAZ: Hat er das Zeug zu einem großen Trainer?
UH: Ich glaube schon. Von der Trainingslehre, vom taktischen Know-how ist alles da. Sähe er im Spieler noch mehr den Partner, täte ihm das auf Dauer gut. Da hängt er meines Erachtens manchmal noch stark der Ära Happel und Zebec nach, unter denen er beim Hamburger SV Spieler war. Das war die Zeit, in der mehr als heute mit dem Instrument Druck gearbeitet wurde. Ich versuche, ihn in unseren oft intensiven Diskussionen davon zu überzeugen, daß man aus dem Spieler als Partner auch alles herauskitzeln kann. Lächelnd die eigene Botschaft rüberzubringen, das kann ebenfalls ein Weg zum Erfolg sein. Natürlich ist dieser Grat sehr schmal. Gibt er sich zu smart, wird er zu sehr Kumpel, geht die wichtige Distanz allzu leicht verloren. Die Kunst jedoch in allen Arbeitsprozessen ist, die Menschen so zu motivieren, daß sie sich immer wieder freuen, in ihren Berufen noch etwas mehr zu erreichen.
FAZ: Ist es Ihr Ehrgeiz, gute Spieler zum FC Bayern zu holen und sie als bessere Menschen gehen zu sehen?
UH: Ich glaube schon, daß wir beim FC Bayern den Spielern etwas mitgeben können, womit sie sich draußen im Leben besser zurechtfinden. Auch Demut können sie bei uns, ungeachtet aller Erfolge, lernen.
FAZ: Auffällig für diesen Meisterjahrgang war: das Fehlen schriller Schlagzeilen. Oliver Kahn tritt nicht mehr als Partylöwe in Erscheinung, sondern nur noch in seiner alten Hauptrolle, als famoser Torwart.
UH: Oliver hat eine ganz schwierige Zeit hinter sich: Da waren die privaten Probleme, aber auch die Degradierung in der Nationalmannschaft. Daß er da nicht mehr Kapitän ist, das fand ich noch nachvollziehbar. Daß ihm Jürgen Klinsmann aber auch noch zu verstehen gab, er sei nicht mehr automatisch die Nummer eins, das war schon ein Schock für ihn. In dieser Phase hat er natürlich gewußt, daß er sich auf einen verlassen konnte: auf den FC Bayern. Wir haben ihm gesagt, du mußt wieder so halten wie früher, du mußt deine privaten Dinge in Ordnung bringen, dich wieder total auf Fußball konzentrieren. Wenn das alles in Ordnung ist, wird dir nichts passieren können. Dann werden wir die volle Breitseite des FC Bayern einsetzen. So ist es gekommen. Wir hatten da ein internes Gespräch mit Jürgen Klinsmann, Oliver Bierhoff, Joachim Löw und Andreas Köpke. Nichts davon ist nach außen gedrungen. Seitdem ist die Sache geklärt.
FAZ: Auch Ballack scheint sich mehr als früher mit dem FC Bayern zu identifizieren.
UH: Ich glaube, das Verhältnis hat sich stabilisiert. Er hat lange seiner Zeit in Leverkusen nachgehangen. Was zunächst eine Vernunftehe war, ist nach meinem Empfinden inzwischen mit mehr Gefühl und Liebe zum Verein unterlegt. Bei ihm sehe ich eine positive Entwicklung zu einem Spieler, der mehr und mehr Verantwortung übernimmt. (…)
FAZ: Wie lautet die internationale Zielsetzung des FC Bayern?
UH: Wir sind zufrieden, wenn wir uns verläßlich zu den fünf, sechs besten Mannschaften in Europa zählen und alle drei, vier Jahre um den europäischen Meisterpokal mitspielen können. Das Spiel der Kräfte wäre nur dann auf demselben Niveau, wenn mit gleichen Waffen gekämpft würde. Aber so? Wir machen einen Schritt, der Herr Abramowitsch macht zwei. Abramowitsch kauft den Erfolg. So ein Spiel ohne Grenzen hasse ich.
of: Nein, Herr Hoeneß! Chelsea hat den Erfolg nicht nur gekauft. Wer sind denn seine Leistungsträger? Frank Lampard, John Terry, Joe Cole, also Spieler, die in Chelsea ihren Status erlangt und dort Weltklasse entwickelt haben. Wer, außer Oliver Kahn, hat eine solche Größe in München erlangt? Michael Ballack spielte seine beste Vereinssaison 2002 in Leverkusen, Roy Makaay ist ein Star-Einkauf, auch Lucio spielt nicht stärker als in Leverkusen. Wer oder was reift in München? Diskutieren Sie über Geld und Erfolg in der Südkurve!