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Ball und Buchstabe

Tagesschau-würdiges Ereignis

Oliver Fritsch | Donnerstag, 12. Mai 2005 Kommentare deaktiviert für Tagesschau-würdiges Ereignis

Medienereignis Weißbierdusche – Fritz Tietz (taz 12.5.) ist von Salihamidzic & Co genauso genervt wie wir alle: „Man sollte davon ausgehen, dass der exakte Ablauf seiner Bierdusche zwischen Verein, Stadt, Fernsehrechteinhabern und Weizenbiersponsor abgesprochen ist. Zu viel hängt für alle Beteiligten von einer gelungenen medialen Aufbereitung dieses breitenwirksamen, weil gewiss auch Tagesschau-würdigen Ereignisses ab, als dass man hier irgendetwas dem Zufall überlassen wird. Im Gegensatz zu den Jubelfeiern früherer deutscher Meisterschaften wirken die siegesrituellen Weißbierwaschungen dieser Tage jedenfalls alles andere als spontan. Das waren noch Zeiten, als sich altvordere Meister einfach so feiste Siegerzigarren ins Gesicht steckten oder sich aus einer unmittelbaren Gewinnerlaune heraus nackig und schampussaufend im Entmüdungsbecken räkelten. Die Fernsehleute, die das damals aufnahmen, waren eher zufällig zur Stelle.“

Heute geht es viel zivilisierter zu

Das Arsenal von heute hat mit dem Arsenal, mit dem Nick Hornby groß geworden ist, nicht mehr viel gemein – ein Auszug aus einem Zeit-Interview (12.5.) mit ihm: „Im Profi-Fußball hat sich seit 1995, als ich Fever Pitch schrieb, mehr verändert als in den 100 Jahren zuvor. Die Fans meines Clubs Arsenal London können sich am wenigstens beschweren. Kein Arsenal-Fan hat je so guten Fußball seiner Mannschaft gesehen wie wir in den letzten fünf Jahren, mit Spielern wie Thierry Henry! Gleichzeitig ist die Atmosphäre im Stadion viel weniger intensiv als früher. Heute geht es viel zivilisierter zu. Ich wusste früher gar nicht, wie unzivilisiert die Stimmung in den Stadien war. Die Fans verschmolzen zu einem Organismus, der nur schwer zu kontrollieren war. Das ist vorbei, seitdem es nur noch Sitzplätze gibt. Verstehen Sie mich nicht falsch: Das ist schon gut so, weil es nicht mehr so gefährlich ist. Der entscheidende Unterschied ist, dass es früher merkwürdig war, wenn ich einen Fußballspieler, den ich aus dem Stadion kannte, plötzlich im Fernsehen sah. Heute kommt es mir merkwürdig vor, wenn ich den realen Thierry Henry vor meinen Augen spiele sehe, weil Stars wie er durchinszenierte Medienfiguren sind, die einem nicht wie echte Menschen vorkommen.“

Ein FR-Dossier über das Münchner Olympiastadion

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