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Interview

Wir trauen Ballack zu, zum Ausnahmespieler der WM zu werden

Oliver Fritsch | Donnerstag, 12. Mai 2005 Kommentare deaktiviert für Wir trauen Ballack zu, zum Ausnahmespieler der WM zu werden

Jürgen Klinsmann mit Michael Horeni (FAZ 12.5.)
FAZ: Beginnt mit dem Confederations Cup die Zeit des härteren Konkurrenzkampfes, nachdem bisher immer wieder junge Spieler integriert wurden?
JK: Es muß immer eine Mischung geben zwischen Selbstbewußtsein, das wir den Spielern vermitteln, und ihrer Eigeninitiative. Bei uns kann sich kein Spieler zurücklehnen und glauben, es ginge von alleine. Denn mit unserer Spielphilosophie bewegen wir uns auf einem schmalen Grat. Sie funktioniert nur mit totalem Engagement. Wenn einer nicht absolut mitzieht, einem Zweikampf aus dem Weg geht oder ihm ein Laufweg zu lang ist, dann hat er keinen Platz im Team. Wir müssen die Spieler auch zu ihrer Höchstleistung kitzeln.
FAZ: Indem Sie Michael Ballack als künftigen Zinedine Zidane von Deutschland sehen?
JK: Es ist als Ansporn gedacht, weil wir in Deutschland der Meinung sind, wenn wir mal einen Superstar haben, ihn kleinmachen zu müssen. Wenn einer den Überflieger bekommt, dann muß man ihn von diesem Trip runterholen, keine Frage. Aber Michael Ballack ist das genaue Gegenteil. Er ist bescheiden, zugänglich und charakterlich top. Trotzdem gibt es den Hang, einen solchen Ausnahmeathleten mürbe zu machen – deswegen positionieren wir uns ganz bewußt so zu Michael und ziehen die Verbindung zu Zidane. Er hat noch einiges drin. Wir trauen ihm zu, zum Ausnahmespieler der WM zu werden. (…)
FAZ: Die deutsche Nationalmannschaft hat immer nur Titel gewonnen, wenn deutsche Klubs international erfolgreich waren. Bis auf die Bayern hat dazu aber kein Verein mehr das Zeug.
JK: In diesem und in den vergangenen Jahren ist uns gezeigt worden, wo im deutschen Fußball die Defizite liegen: im Tempo. Das war so bei der Nationalmannschaft bei der EM und in den Europapokal-Wettbewerben. Wir müssen uns wirklich fragen: Können wir das Tempo mitgehen? Wir haben lange gedacht, wir könnten da locker mithalten, aber jetzt merken wir, daß uns nach 65, spätestens nach 70 Minuten die Luft ausgeht. Damit ist genau das passiert, was im deutschen Fußball nie zuvor geschehen ist: Wir waren doch immer diejenigen, die den langen Atem hatten, jetzt sind es die anderen Mannschaften. Die Klubs machen sich jetzt intensiv Gedanken, wie sie die Fitness der Spieler nach oben schrauben können, um das Tempo mithalten zu können.

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