Interview
Jeder Mensch weiß, dass auf Schalke Veltins getrunken wird
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| Samstag, 14. Mai 2005Rudi Assauer mit Christoph Biermann & Philipp Selldorf (SZ 14.5.)
SZ: Schalke hat gestern einen Schuldenstand von 112,9 Millionen Euro vermeldet. Dürfen wir spotten, dass Borussia Dortmund, der passende Gegner, zum Schuldengipfel kommt?
RA: Was glauben Sie, wie viel unser Gelände da draußen wert ist? Unser Zahlenmeister sagt mir, dass es rund 140 Millionen Euro Anlagevermögen sind. Noch wichtiger ist aber, dass wir unsere Schulden tilgen können. Und damit haben wir keine Probleme.
SZ: Auch weil Sie neulich den Stadionnamen an Veltins verkauft haben. Hat Ihnen das weh getan?
RA: Natürlich. Aber wenn’s nicht Veltins gewesen wäre, wäre niemand anders auf die Schüssel gekommen. Wir brauchten einen Partner, der zu uns passt und bei uns eingeführt ist. Jeder Mensch in Deutschland weiß, dass auf Schalke Veltins getrunken wird, deshalb hat sich bei unseren Fans kaum einer beschwert. Den Namen kann man im Grunde nur einmal verkaufen, und bei uns wird das Namensrecht für 10, wahrscheinlich sogar 15 Jahre an Veltins gehen. In Hamburg ist der Vertrag mit AOL bald abgelaufen – wie soll das Stadion dann heißen?
SZ: Volksparkstadion.
RA: Und Uwe Seeler kratzt seine Rente dafür zusammen? Nein, bei uns in Deutschland kann man das nur einmal glaubwürdig vermarkten.
SZ: Karlheinz Rummenigge fordert mehr Fernsehgeld für die Bundesliga insgesamt und eine Umverteilung zugunsten der großen Klubs. Unter diesen Umständen hätten Sie den Stadionnamen nicht verkaufen müssen.
RA: Nein, das hätten wir sowieso gemacht.
SZ: Aber mehr Geld vom Fernsehen hätten Sie trotzdem gerne?
RA: Moment! Ich würde mir erst einmal wünschen, dass nicht jeder was zum Thema rausbläst. Kalle Rummenigge will mehr Geld, Franz Beckenbauer will 20 Vereine in der Bundesliga, der will dies und jener das. Damit schwächen wir uns nur unsere Verhandlungsposition, das ist unprofessionell. Wenn ich bei einem Sender säße, würde ich denken: „Was wollen die eigentlich?“ Wir sollten uns lieber mal mit ausgesuchten Leuten an einen Tisch setzen, um zu klären: Was ist die Bundesliga wert?
SZ: Wer soll da sitzen?
RA: Die DFL. Und vielleicht der ein oder andere Spitzenmanager der Liga mit den Vertretern der Sender. Und dann muss man sich überlegen: Über was reden wir hier eigentlich? Was will man? Die Fachleute kennen ja die Verhältnisse im Ausland: In Spanien zum Beispiel gibt es zwei Vereine, die vom Fernsehen sehr gut, und drei oder vier Vereine, die einigermaßen bezahlt werden – und der Rest kriegt einen Abklatsch, ein paar Mark fuffzig. Ist das gerechtfertigt?
Das geeinte Deutschland war eines unserer Hauptargumente
Franz Beckenbauer mit Wolfgang Hettfleisch (FR 14.5.)
FR: Um wie vieles größer wird die WM 2006 im Vergleich zur WM 1974 sein?
FB: Man kann das gar nicht mehr vergleichen. Die Zahl der Teilnehmer hat sich verdoppelt, die Zahl der Medienvertreter verhundertfacht. Ich kann mich noch gut erinnern, als wir 1974 das Spiel gegen die Auswahl der DDR verloren hatten, da hatte Helmut Schön ein Pressegespräch und hat mich zum ersten Mal mitgenommen. Das war in einem Restaurant neben der Sportschule, in dem Raum waren vielleicht zehn oder fünfzehn Journalisten dabei, kein Fernsehen, gar nichts.
FR: 1974 spielten Sie gegen die DDR, nun gibt es einen deutschen Staat, der diese WM ausrichtet. Leipzig ist der einzige Spielort im Osten Deutschlands, reicht Ihnen das?
FB: Die Anforderungen an die Infrastruktur ließen keine anderen Möglichkeiten zu. Seien wir froh, dass Leipzig dabei ist. Es ist nur schade, dass dort kein erstklassiger Fußball gespielt wird. Aber das WM-reife Stadion gibt Hoffnung, dass Leipzig wieder in den professionellen Fußball zurückkehrt.
FR: Wird es denn im geeinten Land eine andere, eine gesamtdeutsche WM werden?
FB: Sicher. Das sind heute andere Voraussetzungen. Wir wurden ja mit unserer Bewerbung nicht überall mit offenen Armen empfangen. Die Afrikaner haben damals gesagt: „Was wollt ihr denn, ihr habt doch schon eine Weltmeisterschaft ausgetragen, jetzt lasst uns doch mal ran.“ Da war eines unserer Hauptargumente das geeinte Deutschland.
FR: Kann die WM helfen, die immer noch vorhandenen Gräben zwischen Ost und West zuzuschütten?
FB: Ich persönlich konnte noch nie einen Unterschied feststellen zwischen jemand, der aus Westdeutschland und jemand der aus Ostdeutschland kommt.
FR: Sie wollen in zwei Jahren Uefa-Präsident werden. Michel Platini hat gesagt, das hätten sie vor zehn Jahren tun sollen. Sagen Sie ihm nun, er möge es in zehn Jahren wieder versuchen?
FB: Zunächst mal darf man nicht alles ernst nehmen, was so gesagt wird. Tatsache ist: Wenn die Position frei wird – wir haben ja im Moment noch einen Uefa-Präsidenten, und zwar einen der besten, die es in der Uefa je gegeben hat –, wenn sie also frei wird, bin ich interessiert. Aber die Wahl wurde auf 2007 verschoben. Also haben wir noch fast zwei Jahre Zeit, uns Gedanken darüber zu machen.