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Interview

Der DFB ist auf einigen Gebieten zu hinterfragen

Oliver Fritsch | Freitag, 3. Juni 2005 Kommentare deaktiviert für Der DFB ist auf einigen Gebieten zu hinterfragen

Jürgen Klinsmann mit Ludger Schulze & Dominik Wichmann (SZ-Magazin 3.6.) über DFB und Reform
SZ: Auf welche Widerstände treffen Sie?
JK: Es gibt natürlich immer wieder Leute, die quer schießen. Menschen, die sich mit allen Mitteln gegen Veränderungen stemmen. Wo Kompetenzen neu verteilt werden, ist das eine logische Konsequenz. In einem Verband wie dem DFB, in dem sich über Jahrzehnte fast alles mit allem und jeder mit jedem verwoben hat, überrascht das nicht besonders. Ich stoße schon allein deshalb auf Widerstand, weil die Leute befürchten, ich würde ihnen etwas wegnehmen.
SZ: Tun Sie ja auch.
JK: Ja, wir können 2006 aber auch nicht sagen: Sorry, wir sind in der Vorrunde ausgeschieden, aber wir hatten eine schöne Zeit und alle waren zufrieden! Wir haben Verantwortung übernommen und müssen handeln. Man darf auch nicht vergessen, dass diese Nationalmannschaft zwar das Aushängeschild, aber im Gesamten nur ein kleiner Teil des DFB ist. In diesem Interview reden wir über die Nationalmannschaft – doch der DFB ist auch zuständig für andere Gebiete: Spielordnungen, Spielbetrieb. Das alles muss verwaltet werden. Und wenn dann die Nationalmannschaft ins Spiel kommt, ist es für die Funktionäre schwer, den Blick auf das Eigentliche – die Qualität des Fußballs! – zu bewahren. Oft habe ich den Eindruck, dass angesichts des Verwaltungsaufwands, 6,3 Millionen Mitglieder zu betreuen, die Qualität des Fußballs zunehmend unwichtig wird.
SZ: Also verwaltet sich dieser größte Sportverband der Welt nur noch selbst?
JK: Es gibt Bereiche, in denen verwaltet werden muss. Aber es gibt andere Gebiete, in denen es nur um die Qualität des Fußballs geht. An Letzterem werde ich vor allem gemessen. Führen heißt: einer Sache dienen.
SZ: Inwieweit ist der marode Zustand des DFB symbolisch für die Lethargie des ganzen Landes?
JK: Der DFB ist nicht marode, aber bestimmt auf einigen Gebieten zu hinterfragen. Ein so großer Verband ist immer beispielhaft für das Gemeinwesen, aus dem er hervorgeht. Wenn nicht wir, sondern zum Beispiel Südafrika die WM 2006 bekommen hätte, hätte der DFB massive Probleme bekommen: Das wäre eine Niederlage zu viel gewesen und dann wäre der Reformdruck wohl zu groß geworden.
SZ: Ihr Beispiel erinnert uns an die erstarrte Regierung Kohl von 1989: Allein die Wiedervereinigung verlängerte künstlich deren Agonie. Dringende Reformen wurden verschleppt.
JK: Was der ehemalige Kanzler für die Wiedervereinigung war, ist Franz Beckenbauer für die WM 2006: das Symbol, das Aushängeschild. Franz hat das Ereignis nach Deutschland geholt und damit ein Boot gebaut, auf dem jetzt alle mitfahren wollen.

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