Ballschrank
Unangreifbarer Komet
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| Dienstag, 21. Juni 2005Diego Maradona – Experte, Orakel oder Folklore? Josef Oehrlein (FAZ 21.6.) hört zu: „Wenn Maradona in Argentinien ist, räsoniert, schwadroniert, agiert er wie ein Weltmeister. Er läßt keine Gelegenheit aus, öffentlich seine Meinung kundzutun. Die Themen spielen keine Rolle, zu allem hat er etwas zu sagen. Auch wenn er sich auf seiner Kometenbahn an einem weit entfernten Punkt befindet, dröhnt es noch gewaltig. Er selbst habe Gott darum gebeten, Argentinien gegen den Erzrivalen Brasilien vor zwei Wochen ein 3:1 zu schenken, und Gott hat ihn selbstverständlich erhört. Das Spiel im Stadion von River Plate hat er nicht gesehen. Seine Worte sprach er in Italien, wo er an der Hommage für seinen früheren Mannschaftskollegen Ciro Ferrara teilnahm und überhaupt in alten Erinnerungen an Neapel schwelgte. In jüngster Zeit, seit es ihm gesundheitlich besser geht, versucht Maradona den Schwerpunkt seiner Umlaufbahn über Argentinien zu halten. (…) Im Fußball scheint ihm ein wenig das Augenmaß abhanden gekommen zu sein. Das ist vor allem an seiner Beurteilung der aktuellen Fußballszene in Argentinien abzulesen. Dem erfolgreichen Jose Pekerman bescheinigte er irrigerweise, daß ihm „eine ganze Menge“ zur Leitung des Nationalteams fehle. Möglicherweise hat Maradona nicht bemerkt, daß da ein argentinischer Fußball ganz neuer Art entsteht und daß der besonnene, wortkarge Pekerman das genaue Gegenteil zu seinem eigenen emotional überschäumenden Charakter ist. Maradona, dessen Fußballkommentare in seiner Heimat kaum jemand mehr ernst nimmt, kann sich derlei Fehlurteile leisten. Zusammen mit den Fixsternen Evita Peron und Carlos Gardel bildet der Komet Maradona längst das Dreigestirn der Nationalheiligen Argentiniens. Und ist damit unangreifbar geworden.“