Am Grünen Tisch
Petitessen
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| Samstag, 25. Juni 2005Doping in der mexikanischen Elf – Jörg Winterfeldt (Welt 25.6.) kritisiert die Fifa: „Die Fifa läßt nicht von Petitessen wie Doping ein renditeträchtiges Turnier beschädigen. Klar darf Mexiko weiter mitkicken, als wäre nichts gewesen. Klar wird einmal mehr: Für ehrlichen Sport kämpft die Fifa nur rigoros, wenn wirtschaftliche Interessen es gestatten.“
Betrugsschatten
Thomas Kistner (SZ/Seite 1 25.6.) lenkt den Blick auf den Konflikt der Fifa mit der Wada: „Auf Zeit spielen ist ein Begriff aus der Fußballwelt, er passt aber auch gut auf das Krisenmanagement der Fifa (…) Falls es stimmt, dass dem mexikanischen Fußballverband (FMF) Positivbefunde schon vorm Spiel gegen Brasilien vorlagen, wäre der Skandal auf höchster Ebene gelandet: Ein Verband, der gedopte Akteure einsetzt, müsste mit dem Ausschluss aus dem Turnier bestraft werden. Daran käme nicht einmal mehr Blatter vorbei, dessen getreuestes Wahlvolk im karibischen Raum siedelt. (…) Weil nun Betrugsschatten über dem Turnier liegen, wird die Fifa ihre ablehnende Haltung gegen das Wada-Reglement aufgeben müssen. Die Agentur, zu deren Gründern Deutschland zählt, hat sogar schon Sanktionen angedroht, falls ihr Code bis September nicht akzeptiert ist: In Wada-Ländern sei kein Platz für Fifa-Turniere, solange diese nicht unter den für alle anderen Sportarten gültigen Regeln abliefen.“
Alle für einen, das gab es in der Fifa noch nie
In Sachen Strafe verweist Hans-Joachim Waldbröl (FAZ 25.6.) aufs Fifa-Regelwerk: „Selbst wenn die beiden Spieler niet- und nagelfest als Sündenböcke überführt wären, müßten sie für ihren Fehltritt allein einstehen. Denn in der Frage von Einzelvergehen und Teamverantwortung liegen die Wada und die Fifa ausnahmsweise auf einer Sanktionslinie. „Wenn mehr als ein Teammitglied…“ gedopt war, „…kann die Mannschaft von einer Disqualifikation oder anderen disziplinarischen Maßnahmen getroffen werden“, heißt es im Wada-Code. Kann. Muß nicht. Die Fifa, die weiterhin auf ihren Vorbehalten gegen die Strafregeln der Wada besteht und jede Regelsanktion ablehnt, pflegt eine Einzelfallprüfung mit individuell, je nach Schuld, Mitschuld und Unschuld, abgestuften Sperren. Alle für einen, das gab es in der Fifa noch nie.“
Dummdreist
Javier Cáceres (SZ 25.6.) ärgert sich über die Lüge der mexikanischen Verbandsführung und stöbert in Mexikos Dopingvergangenheit: „Bisher stehe nur folgendes fest: Am Montag habe Arzt José Luis Serrano bei den Spielern nachgefragt, ob sie Medikamente zu sich nähmen; Galindo und Carmona hätten daraufhin gesagt, „einige Tropfen“ zu konsumieren, deren Zusammensetzung dem Doktor ein Rätsel gewesen sein und nun untersucht werden soll. „Auf Grund dieses Zweifels“, so Verbandschef De la Torre, habe die Mannschaft entschieden, die Spieler nach Hause zu schicken. Das mutet nicht sonderbar an, sondern eher wie eine Beleidigung der menschlichen Intelligenz. In der Vergangenheit haben die Mexikaner überdies einen anderen Reflex bewiesen: Als bei der Copa América 1999 in Ecuador Paulo César Chávez und Raúl Rodrigo Lara positiv auf Nandrolon getestet worden waren, trotzten Team und Verband möglichen Sanktionen. Schließlich sah die Fifa wegen eines „Verfahrensfehlers“ von einer Sperre ab. Ist die Tropfengeschichte am Ende nichts anderes als ein Versuch, irgendetwas anderes zu vertuschen? Auszuschließen ist das nicht, zumal De la Torre beim bizarren Spiel aus Fragen und Antworten zunehmend ins Schwitzen geriet und sich in unverständlichen, unvollständigen und widersprüchlichen Erklärungen versuchte. Es ist eben nicht ganz einfach, den Überblick über das Gestrüpp aus Dementis und dummdreisten Lügen zu bewahren, am Dienstag etwa hatte Doktor Serrano noch behauptet, die Spieler seien verletzt, am Abend wurde die Geschichte von der Undiszipliniertheit verbreitet. (…) Der Trainer von Galindo und Carmona Rubén Omar Romano quittierte das Gerücht mit Gleichmut: „Nandrolon ist doch keine Droge. Das wird doch auch Tieren gespritzt.““
Beruhigungsoffensive
Uwe Marx (FAZ 25.6.) stört die Gutgläubigkeit der Fifa: „Die Argumentationskette der Mexikaner und die der Fifa war binnen weniger Stunden gerissen. (…) Zwar forderte die Fifa die Mexikaner zu einer raschen Stellungnahme auf und baute jenen Druck auf, der zur nächtlichen Erklärung des mexikanischen Fußballpräsidenten führte. Gleichzeitig aber bestätigte Joseph Blatter zunächst in erstaunlicher Selbstsicherheit die Version des in die Enge gedrängten Verbandes. Mangelnde Disziplin statt Doping: Mit dieser Erklärung fütterte Blatter auch Franz Beckenbauer. Kurz nach dieser Beruhigungsoffensive wurde Fifa-Generalsekretär Urs Linsi vom mexikanischen Verband über die wahren Hintergründe informiert.“