Interview
Diese Arroganz steht uns als Deutschen nicht zu
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| Montag, 27. Juni 2005Joachim Löw mit Michael Ashelm & Michael Horeni (FAS 26.6.)
FAS: Wie beeinflussen die skeptischen, kritischen Stimmen Ihre Arbeit?
JL: Fußball ist extrem geworden in der Beurteilung. Es fehlt meistens eine realistische Einschätzung von Spielern und Mannschaft, das sieht Jürgen Klinsmann genauso. Die zeitweise extrem negative Stimmung, die einige Medien verbreitet haben, war für uns nicht nachvollziehbar. Da wird auf junge Spieler draufgehauen, sie werden an den Pranger gestellt. Dann kommt das 2:2 gegen Argentinien, und die ganze Stimmung schwenkt um.
FAS: Sie haben viele deutsche Fußballexperten zu überzeugen. Ärgert Sie die Kritik von ehemaligen Spielern wie etwa Paul Breitner noch?
JL: Bei allem Respekt für die ehemalige Nationalspieler oder Experten. Deren Kritik aus der Ferne sieht man immer mit einem Lächeln. Wir laden jeden herzlich gerne ein, bei uns vorbeizuschauen. Es ist doch absurd, wenn uns Breitner vorwirft, wir würden Leichtathleten ausbilden. Genau das tun wir nicht. Und wenn dann jemand fragt, was Amerikaner (Fitnesstrainer) oder Schweizer (Wettkampfbeobachter) uns beibringen können, ist das despektierlich. Diese Arroganz steht uns als Deutschen nicht zu. Zu sagen, wir könnten alles, wir sind die erfolgreichste Nation und brauchen nicht über die Landesgrenzen hinausschauen.
FAS: Über welche Qualitäten muß ein modernes Trainingsmanagement verfügen – da gibt es erfolgreiche Beispiele a la Mourinho oder Pekerman?
JL: Wichtig ist, daß der Trainer ein Konzept verfolgt. Wie Mourinho in Chelsea. Der hat ganz klare Vorstellungen, was er der Mannschaft vermitteln möchte, welche Spielerpersönlichkeiten, Typen und Charaktere er braucht, oder die argentinische Pekerman-Schule. Da weiß ein U17-Spieler, wenn er in die U20 kommt, welche taktischen Grundvoraussetzungen von ihm verlangt werden. Da ist bis oben in die A-Mannschaft eine durchgängige Philosophie vorhanden. Deshalb möchten wir den Technischen Direktor im Verband, der genau so etwas einführt und überwacht. Da sind uns andere Nationen weit voraus.
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