Am Grünen Tisch
Die Welt zu Gast bei Franz
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| Donnerstag, 21. Juli 2005Thomas Kistner (SZ 21.7.) klagt über die Vereinnahmung der WM durch Franz Beckenbauer und das Land Bayern: „Bayern und München wollen sich im WM-Land als das ausgeben, was Bayern München im Fußball ist: Ein Sonderfall, der Sonderrechte genießt, ohne dass irgendwo Protest anhebt. Weil aber die Eigenarten der Profibranche nicht einfach so auf das größte Gesellschaftsereignis des Jahrzehnts übertragbar sind, ist stete Reibung mit dem selbstherrlichen Süden programmiert. Ein souveränes WM-OK könnte gegensteuern, das Land braucht nur die eine Task Force. Doch verkörpert just der OK-Chef den elitären Süden: Franz Beckenbauer, mit seinem Adlatus Fedor Radmann die stärkste Lobby, die es in der Branche gibt. Dass es just wieder dicke Luft um Radmanns Verfilzungen gibt, dass nun das Bundeskartellamt eine fragwürdige WM-Etatvergabe an dessen alten Geschäftsfreund prüft, ist kein Thema im Land. Hier soll „die Welt zu Gast bei Freunden“ sein, da stören die Realitäten des deutschen Alltags nur; VW oder Infineon, dubiose ARD-Verträge oder eben WM-Etats. Dass Beckenbauer nun auch noch alle WM-Gäste persönlich besucht, als Gesandter dieses neuen Deutschland, nährt den Verdacht, das Land könnte wirklich nicht mehr zu bieten haben als seine größte Werbe-Ikone. „Die Welt zu Gast bei Franz“ wäre insofern das konsequentere Motto. Dass Franz in Österreich lebt, braucht die Welt ja nicht zu wissen.“