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Interview

Der Erfolg steht an erster Stelle und die Qualität nur an zweiter

Oliver Fritsch | Freitag, 5. August 2005 Kommentare deaktiviert für Der Erfolg steht an erster Stelle und die Qualität nur an zweiter

Ewald Lienen mit Frank Ketterer (taz 5.8.)
taz: In der Fünf-Jahres-Wertung der Uefa liegt Deutschland erstmals hinter Spanien, Italien, England, Frankreich und Portugal auf Rang sechs. Ist das gerechtfertigt?
EL: Im Gegensatz zur Fifa-Weltrangliste gilt diese Rangliste als relativ korrekt, weil sie sich an den sportlichen Erfolgen orientiert.
taz: 1992 war Deutschland noch Erster. Was wurde verschlafen?
EL: Da haben verschiedene Faktoren eine Rolle gespielt. Zum Beispiel ist in diese Zeit die Phase der Fernseh-Einzelvermarktung der Vereine gefallen. Das ging ungefähr los, als ich 1995 nach Spanien ging. Schon da verfügte ein eher durchschnittlicher Klub wie CD Teneriffa über das Doppelte oder gar Dreifache an Fernseheinnahmen wie die Spitzenklubs in Deutschland. Ein anderer Faktor war, dass uns just zu dieser Zeit ein bisschen die Toptalente ausgegangen sind.
taz: Warum war dem so?
EL: Vielleicht haben wir zu sehr ins Ausland geschielt. Ein anderer Punkt könnte aber auch sein, dass die Weltmeister von 1990, also die Völlers, Littbarskis, Brehmes und Matthäus’, die letzte Generation von Straßenfußballern waren. Für die war Fußball der Lebensmittelpunkt. Heutzutage hingegen muss man für die Jugend erst mal Möglichkeiten organisieren, damit die überhaupt gemeinsam Fußball spielen können. Ich glaube, dass uns in diesen Jahren die anderen Länder weggelaufen sind, in dem sie schon weit, weit vor uns professionelle Ausbildungsstrukturen installiert haben, die selbst unseren heutigen Standards um Lichtjahre voraus sind. Wir hingegen waren ja gerade mal wieder Weltmeister geworden – und schon deshalb zufrieden. Das ist die Krux im deutschen Fußball: dass der Erfolg an erster Stelle steht und die Qualität nur an zweiter. Und solange der Erfolg noch da war, gab es keinen Grund, irgendetwas zu ändern, auch nicht die Ausbildung.
taz: DFB-Präsident Zwanziger hofft, „dass sich die Faszination Nationalelf auf die Bundesliga überträgt“. Taugen Klinsmann und die Nationalmannschaft tatsächlich als Vorbild für die Bundesliga?
EL: Ich würde es viel lieber so sagen: Die Faszination Bundesliga hat sich auf die Nationalmannschaft übertragen. In der Bundesliga war doch schon in der Vergangenheit mächtig was los – und das ist nun auf die Nationalmannschaft übergegangen. Jürgen Klinsmann hat bestimmt eine Reihe von Dingen verändert und frischen Wind reingebracht, aber die Spieler, die bei ihm spielen, kommen meines Wissens alle aus der Bundesliga. (…)
taz: Hat die Bundesliga die aktuellen Entwicklungen der Trainingslehre verschlafen?
EL: Es geht weniger um Trainingslehre als um Trainingssteuerung. Also um die Frage: Wie begleite ich den Trainingsprozess wissenschaftlich? Da hinken wir in der Tat hinterher.

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