Bundesliga
Trendsportart
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| Dienstag, 9. August 2005Italien-Korrespondent Dirk Schümer (FAS 7.8.) preist deutschen Fußball gegen jedes Bedenken: „Deutschland – ein Sanierungsfall? Zur Aufbruchstimmung im Jahr eins vor der Weltmeisterschaft will diese routinierte Selbstkasteiung einfach nicht passen. Die Rekorde beim Dauerkartenverkauf weisen darauf hin, daß zumindest die urdeutschen Fans der Bundesliga in der Meisterschaft der Miesmacher nicht mitspielen mögen. Sie honorieren offenbar begeistert die finanziellen Kraftakte ihrer Klubs – und zwar ebenso die Steine wie die Beine. Ein Blick über die Grenzen in traurigere Fußballkulturen verrät, daß sich die Bundesliga weltweit nicht verstecken muß. Sicher, Spanien und England liefern seit Jahren den besseren, den athletischeren, den lauffreudigeren Sport. Aber wären Sie gerne Fan in Schottland oder Holland, wo sich seit Jahrzehnten zwei, höchstens drei Klubs an der Spitze abwechseln? Und seien Sie froh, daß Sie nicht im Chaos des Calcio ihre Lebensleidenschaft als Tifoso büßen müssen! In Italien nämlich, dem einstmaligen Wunderland des Fußballs, entscheiden nach Wettskandalen, Gewaltausbrüchen, Bilanzfrisuren, Bankrotten wieder einmal die Gerichte, welche Klubs überhaupt zum – wahrscheinlich verspäteten – Saisonbeginn antreten dürfen. (…) Der deutsche Fußball ist – das zeigt sogar die Nationalmannschaft – deutlich im Aufschwung. Ein ganz neues Gefühl vor dem Abenteuer einer neuen Saison: Fußball ist eine Trendsportart.“
Nicht gesucht, aber gefunden
Dem 1:4 zum Trotz – Christof Kneer (SZ 9.8.) schätzt das Modell Eintracht Frankfurt: „Das Experiment Eintracht hat mehr Charme, als man von diesem Fußball-Standort gewohnt ist. Eintracht Frankfurt, das war immer dieser rätselhafte Klub, bei dem nie einer wusste, ob jetzt der Schuldenberg höher ist oder doch der Stapel mit den abgelegten Trainern. Aber diesmal haben sie die Abgeschiedenheit der zweiten Liga genutzt, um den Verein ein bisschen neu zu erfinden, und sie hätten der ersten Liga jetzt schon gern gezeigt, was für eine topmoderne Mannschaft sie da haben, jung, feurig, deutsch. Auch der Trainer Friedhelm Funkel hat noch eine Rechnung offen mit dieser Liga, die ihn immer nur als Karussellfahrer begreift, der lustig von Ort zu Ort zuckelt und immer da abspringt, wo Ewald Lienen gerade entlassen wurde. Sie haben sich nicht gesucht, aber gefunden, die Eintracht und der Funkel. Sie brauchen sich gegenseitig, um ihr negatives Image abzulegen, und die Gefahr ist jetzt, dass das Experiment sich gegen sich selbst wendet. Was im Erfolgsfall als jung und feurig gilt, wird im Misserfolgsfall schnell mit unerfahren und naiv übersetzt.“