Bundesliga
Ohne Überraschungen
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| Montag, 15. August 2005Neue Saison, alte Rollen – Jan Christian Müller (FR 15.8.) klagt über die Starrheit der Hierarchie: „Oben haben sich die Großgrundbesitzer aus München, Hamburg und Gelsenkirchen festgesetzt, unten stolpern die Kleinbauern aus Duisburg, Bielefeld, Nürnberg, Mönchengladbach und Frankfurt die Kellertreppe hinunter. Das ist angesichts zusehends weiter auseinander driftender Finanzausstattung keine Überraschung, wenn auch noch nie in der nunmehr 42-jährigen Geschichte der Bundesliga schon gleich am Anfang so deutlich sichtbar gewesen. Geht es nach den Personalkosten-Fressern aus München, Bremen, Berlin, Hamburg, Gelsenkirchen und Leverkusen, dann wird es von der kommenden Saison an – passgenau zur gesellschaftlichen Entwicklung – viel mehr Geld für die da oben geben und nur ein klein bisschen mehr für die da unten. Folge: Die ohnehin schon bröckelnde Mittelschicht – seit Jahren eindrucksvoll mausgrau vertreten durch Hannover und Wolfsburg – verschwindet bald ganz. Überraschungen wie die Uefa-Cup-Teilnahmen des VfL Bochum oder SC Freiburg oder gar Sensationen wie den Meistertitel für Aufsteiger Kaiserslautern werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr vorkommen.“
Seht her, wie Bayern leuchtet
Vor Bayern und München und Bayern München geht Rainer Seele (FAZ 15.8.) auf die Knie: „Ach Bayern, glückliches, beneidenswertes Land, das einem wie ein immerwährendes Naturschauspiel vorkommt. Diese Berge, diese Seen und vor allem: diese klugen Leute. Man hätte gar nicht noch einmal explizit darauf hingewiesen werden müssen, wozu die Bevölkerungsteile im Süden der Republik imstande sind, wie es um ihren Scharfsinn bestellt ist und um ihre Leistungsfähigkeit. Man hatte es doch gewußt! Und wenn es dem Oberfürsten aus Wolfratshausen trotzdem so sehr am Herzen lag, das übrige Deutschland just jetzt nachhaltig darauf aufmerksam zu machen, was Bayern bietet, dann hätte er doch einfach mit ein bißchen Geduld bis zum Samstag warten sollen – auf die aktuelle Tabelle der Bundesliga beispielsweise. Und dann stolz – und ohne Widerspruch zu provozieren – sagen können: Seht her, wie München leuchtet und damit auch Bayern.“
Jäger des verlorenen Schatzes
Mit welchen Mitteln haben es denn die Leverkusener gegen die Bayern versucht, sprich: mit welchen Mitteln sind sie gescheitert, Gregor Derichs (FAZ 15.8.)? „Der ‚Arbeitskreis Stimmung’ von Bayer Leverkusen hatte mit den Fans für eine symbolhafte Illumination gesorgt. Beim Einlaufen der Mannschaften wurden riesige Bilder über der Fantribüne der BayArena hochgezogen. Neben einer Meisterschale war eine sechs Meter hohe Abbildung von Klaus Augenthaler gebastelt worden: Als Indiana Jones, die Hauptfigur der Abenteuerfilme von Steven Spielberg, hielt der Leverkusener Trainer in der linken Hand einen Sprengsatz, die rechte Faust war grimmig geballt. Die Symbolik, Augenthaler in der Rolle des ‚Jäger des verlorenen Schatzes’ darzustellen, paßte zum Ereignis. Nach dem 2:5 gegen Bayern München gestanden die Leverkusener ein, weit entfernt davon zu sein, mit dem Rekordmeister ‚auf Augenhöhe’ agieren zu können.“
Deutsche Fußballschule
Katrin Weber-Klüver (FTD 15.8.) hätte Kaiserslautern keine fünf Tore in einem Spiel zugetraut und gesteht ein, Michael Henke unterschätzt zu haben: „Dieser ewige Co-Trainer, der geht, als habe er einen Stock verschluckt, der streng durch seine Brille guckt, als würde er einem gleich ohne Bedauern die Nichtversetzung mitteilen, dessen exaltierteste Jubelgeste die geballte rechte Faust ist, in Bauchhöhe nach vorn gestoßen. Es gibt eine Menge, was diesen Michael Henke, sagen wir: von einem Jürgen Klinsmann unterscheidet, und der Umstand, dass man bei Henkes zackigem Jubel noch immer erwartet, gleich müsse Ottmar Hitzfeld mit einer Parallelbewegung im Bild auftauchen, ist noch das Geringste. Aber auf dem Platz erprobt sich Kaiserslautern unter Henke überraschend ähnlich ungestüm wie die Nationalelf unter Klinsmann. Es ist so etwas die neue deutsche Fußballschule: Die Jungs produzieren eine Menge grauseliger Fehler, am liebsten in der Defensive, und dann jubeln sie am Ende doch, weil sie in der Offensive zwar auch etwa irre spielen, aber eben im Zweifelsfall ein, zwei Tore mehr machen können als sie kassiert haben. Über Janckers Versuche, jede Torchance als Option für einen Fallrückzieher zu sehen, kann man immer noch lachen. Aber seine Kollegen Altintop, Sanogo und Skela spielen richtig Fußball.“