Vermischtes
Probleme mit Recherche und Kritik
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| Freitag, 7. Oktober 2005Die Sportredaktion der Financial Times Deutschland ärgert sich über den DFB; folgendes ist vorgefallen: Erik Eggers, freier Journalist, hat einen Fragebogen an Theo Zwanziger gesendet, den Geschäftsführenden Präsidenten des DFB, um dessen Vergangenheit in der Glücksspielbranche zu recherchieren. Der ehemalige Verwaltungsratschef der Sport Toto GmbH Rheinland-Pfalz Zwanziger war entscheidend an der „Institutionalisierung der staatlichen Fußballwette Oddset beteiligt, als sich andeutete, dass das traditionelle Fußball-Toto unattraktiv wurde“, schreibt Eggers in der FTD vom 18. Februar. Mediendirektor Harald Stenger, einst Sportjournalist bei der Frankfurter Rundschau, hat am 17. Februar, also einen Tag vor der Veröffentlichung, den ausgefüllten Fragebogen ohne ersichtlichen Grund an 30 Sportredaktionen verschickt – erstens „ein unübliches Vorgehen“, beschwert sich Axel Kintzinger, FTD-Sportchef: „Ich bin ja selten zu verblüffen, aber das hat mich und alle bei uns im Haus umgehauen.“ Zweitens ein Ärgernis für Eggers, da die korrekt recherchierte Story für ihn „damit an Wert verloren“ habe. Drittens, behauptet die FTD, sei die Absicht des DFB zu durchschauen, „den Fragesteller lächerlich zu machen“. Kintzinger zeigt zwar Verständnis für die schwierige Situation, in der sich der DFB derzeit befindet, sieht den Vorwurf jedoch nicht entkräftet: „Es ist eine beliebte Klage von Institutionen und deren Repräsentanten: Da wird über uns geschrieben, aber niemand hat hier nachgefragt. Die FTD macht das anders. Der DFB scheint seriöse Recherche aber nicht zu schätzen. Der DFB hat, wie es aussieht, mehr als nur ein Problem mit Wettskandalen.“
Um das irritierende Verhalten des DFB zu erklären, muss man zurückblicken: Eggers steht auf der schwarzen Liste des DFB; er hatte vor Jahren in einer kritischen Buchrezension („100 Jahre DFB“) den DFB durch den wahrlich nicht aus der Luft gegriffenen Vorwurf verärgert, er verschweige seinen Gehorsam im Nationalsozialismus. Außerdem, schreibt Jan Christian Müller in der Frankfurter Rundschau am Samstag, „war es zwischen dem DFB auf der einen sowie Eggers und der FTD auf der anderen Seite im Herbst 2002 zu Dissonanzen gekommen. Damals hatte Eggers eine vom DFB in Auftrag gegebene Studie zum Thema Alkoholismus und Fußball beschrieben und bewertet. Die Redaktion hatte den Artikel mit einem Bild des DFB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder mit einem Bierglas in der Hand illustriert.“
Stenger hat inzwischen Kintzinger und Eggers für Anfang März zu einem Gespräch an die Otto-Fleck-Schneise geladen. Für Eggers, so viel sei ihm nun klar, „haben Story und Recherche jetzt erst begonnen“