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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Bundesliga

Majestätsbeleidigung

Oliver Fritsch | Dienstag, 18. Oktober 2005 Kommentare deaktiviert für Majestätsbeleidigung

Schlechte Presse für Köln, weniger wegen des Spiels, sondern wegen Lukas Podolski. Erstens hat er öffentlich seinen Trainer Uwe Rapolder kritisiert. „Gefährlicher Konflikt in der Krise – Podolski greift Rapolder an“, schreibt die FAZ in den Titel. „Der Vorfall ist nur ein Beweis dafür, daß die nach einem guten Saisonstart entstandene Begeisterung im Verein zusammengebrochen ist“ (Gregor Derichs, FAZ). Zweitens verstärkt der Spiegel die Befürchtung, Podolski leide an der hohen Erwartung Fußball-Deutschlands an ihn und am Werberummel. Diese Sorge spricht übrigens Jürgen Klinsmann immer wieder aus.

Majestätsbeleidigung

Was bedeutet es, Podolski auf die Bank zu setzen, Thomas Kilchenstein (FR)? „Damit ist im aufgedrehten Köln der Tatbestand der Majestätsbeleidigung erfüllt – und Podolski, dessen bemerkenswerte Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor so wunderbar korrespondiert mit seiner Schlichtheit, gießt, vermutlich ohne böse Absicht, neues Öl ins Feuer. Nun hat Rapolder den Schwarzen Peter. Und der ganze Klub seine erste Krise. So schlau, es nicht auf eine Machtprobe ankommen zu lassen, sollte Rapolder sein – diesen Kampf gegen einen Weltstar in spe kann er nicht gewinnen. Die Kölner sollten ihre bescheidenen Kräfte bündeln.“

Biegung

Jörg Kramer (Spiegel) sorgt sich um Podolski, von dem alle Welt, Köln und Deutschland, den Sprung zum Weltstar erwartet: „Podolski meisterte locker den Aufstieg vom Kölner Fußballprinzen zum nationalen Idol. In Krisenzeiten der DFB-Auswahl muss der Stürmer das Publikum besänftigen. Nun soll er den Sprung zum Weltstar schaffen. Wegbegleiter sind skeptisch, ob er allen Sehnsüchten standhält. (…) Die bisher so geradlinige Karriere ist an eine Biegung geraten, deren Verlauf keiner kennt. (…) Rapolder sieht Fußball als ein System einstudierter Kombinationen, bei dem alle Mitwirkenden pausenlos in Bewegung sind. Podolski, sagt er, sei ‚von der Spielweise eher individualistisch veranlagt’. Das ist kein Kompliment. Und das ist schwer zu verstehen für einen Spieler, dessen Stärken in überraschenden Einzelaktionen liegen.“

BLZ-Spielbericht

MSV Duisburg – Eintracht Frankfurt 0:1

Mit der Präzision einer Schrotflinte

Ulrich Hartmann (SZ): „Nur vier Tore in den ersten neun Saisonspielen zu schießen, das hat in der Bundesliga seit 35 Jahren keine Mannschaft mehr geschafft. 1970 war es: Eintracht Frankfurt. Warum die Hessen derzeit so selten jubeln, ist wieder deutlich geworden. Sie befeuern das gegnerische Tor mit der Präzision einer Schrotflinte.“

Weiteres

In Stuttgart müsste Giovanni Trapattoni schon zaubern können, sollte er noch die Kurve kriegen. In allen Zeitungen steht heute, dass selbst der bisher loyale Präsident Erwin Staudt Distanz zu ihm halte. Bekannt wird auch: Die Entlassung wird den Verein nicht viel kosten. Die Beobachter in Kaiserslautern verweisen wieder mal darauf, dass Vereinschef René C. Jäggi wenig Kredit bei den Fans hat, obwohl er wirtschaftlich sehr viel richtig zu machen scheint.

Altersstarrsinn

Oliver Trust (Tsp): „Die Zahl derer, die Trapattoni ernst nehmen, schwindet von Tag zu Tag. Mancher in der Klubzentrale spricht hinter vorgehaltener Hand von ‚Altersstarrsinn’. Er verunsichert seinen gesamten Kader durch unverständliche Personalentscheidungen und ständige Wechselspiele bei seinen Aufstellungen. Ein Trost für den VfB: Allzu teuer wird der Rauswurf nicht. Im Vertrag von Trapattoni ist festgelegt, dass er im Falle der Trennung nur für drei weitere Monate bezahlt wird.“

Undank

Stefan Osterhaus (NZZ) verweist auf das Verdienst René Jäggis: „Manchmal muss es eigenartig sein für Jäggi, wenn er sein Werk in Kaiserslautern beschaut. War er nicht erfolgreich? Hat er nicht getan, was man von ihm verlangte? Jäggi kam als Sanierer. Und er sanierte. (…) Jäggi brachte Solidität zurück in die Pfalz. Und hat man es ihm gedankt? Am Wochenende kamen die Zuschauer mit Verspätung zum Spiel – ein unverhohlener Prostet gegen die Darbietung des Altmeisters unter dem Coach Michael Henke.“

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