Champions League
Christoph Daums Flatterhaftigkeit
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| Mittwoch, 19. Oktober 2005Spannend und kontrastreich zu lesen: die Aussagen Christoph Daums über seine schwierige Arbeit bei Fenerbahce Istanbul, Gegner von Schalke heute, im Vergleich mit dem FR-Bericht über die Flatterhaftigkeit Daums, die die Kritik an ihm erkläre.
Gerade in der Champions League scheint Schalkes Christian Poulsen immer wichtiger zu sein; das Lob der Zeitungen beschränkt sich allerdings meist auf seine Zähigkeit.
Keine Glaubwürdigkeit
Tobias Schächter (FR) begründet den schweren Stand Christoph Daums in Istanbul: „Seit dem 3:0 gegen den PSV Eindhoven vor drei Wochen herrscht Waffenstillstand zwischen den türkischen Medien und dem ungeliebten deutschen Fußball-Trainer. Drei Wochen sind im türkischen Fußball eine Ewigkeit. Doch es ist ein brüchiger Frieden. (…) Daums Problem ist auch in der Türkei die Glaubwürdigkeit. Einmal will er die türkische Staatsbürgerschaft annehmen, dann wieder nicht. Solche Widersprüche kosten Kredit. Ganz davon abgesehen, dass er nach Siegen wie eh und je oberlehrerhaft vor die Presse tritt und vieles ist, nur kein Integrator.“
So ein Arbeiten wünsche ich keinem Kollegen
Christoph Daum im Interview mit Peter Heß (FAZ)
FAZ: Stimmt es, daß Sie trotz zweier Meistertitel mit Fenerbahce fast ununterbrochen in der Kritik standen?
CD: Das ist noch untertrieben. Obwohl wir von einem Vereinsrekord zum nächsten marschiert sind, stand ich unter einem unvorstellbaren Feuer.
FAZ: Was warf man Ihnen denn vor bei Ihren Erfolgen?
CD: Suchen Sie sich etwas aus: Ich könnte mit Stars nicht umgehen, würde nur auf Ausländer setzen, würde die Türken benachteiligen, wäre teilnahmslos am Spielfeldrand. Symptomatisch war die Frage eines Journalisten nach dem Spiel gegen Milan. Wir hatten eine super Leistung gezeigt, bis zur 87. Minute ein 1:1 gehalten. Dann fällt das 1:2 und in der Nachspielzeit das 1:3. Dann fragt mich dieser Journalist: Welche Fehler haben Sie in den letzten vier Minuten gemacht?
FAZ: Jetzt scheint man Ihnen aber Respekt zu zollen, oder?
CD: Vor fünf Wochen habe ich öffentlich gesagt, es reicht. Ich bin gerne in Fenerbahce, aber ich überlege, ob ich mir das alles weiter antun muß. Ich könnte den Verein zu Saisonende verlassen, weil das Arbeiten hier so schwierig ist. Seitdem ist der Schalter wie umgelegt. Alle lieben mich plötzlich.
FAZ: War Ihr Problem auf die Medien beschränkt, oder haben sich Fans und Verein anstecken lassen?
CD: Das ging bis in die Mannschaft. Wenn du sieben Monate hörst, der Trainer hat keine Ahnung von Taktik, dann zeigt das irgendwie Wirkung. Es gab Zeiten, da fragte ich mich, wenn ich das Trainingsgelände betrat, na, welches Gerücht bringt das Team heute durcheinander? So ein Arbeiten wünsche ich keinem Kollegen.
FAZ: Beeindruckt Sie es nun, geliebt zu werden?
CD: Es tut schon gut, Riesenplakate zu sehen mit Aufschriften: Wir sind deine Familie, wir lieben dich. Ich habe auch ein paar Auszeichnungen bekommen von Fangruppen. Fenerbahce hat ja geschätzte 30 Millionen Anhänger. Das läßt einen nicht völlig kalt, genauso wie die Attacken. Aber ich überbewerte auch beide Phänomene nicht. (…)
FAZ: Sie wurden in Deutschland, Österreich und der Türkei Meister. Ist Fußball überall gleich?
CD: Fußball ist überall etwas anderes. Geschichte, Mentalität, Erziehung, Religion, alles hat Einfluß. Man muß die Ressourcen des Vereins und der Spieler erkennen.
Selbstbehauptungswillen
Richard Leipold (FAZ) porträtiert Christian Poulsen: „Im internationalen Fußball hat Poulsen, oft am Rande der Legalität, einen Selbstbehauptungswillen gezeigt, der längst nicht allen Schalkern zu eigen ist. Diese Stärke hilft ihm auch im Gelsenkirchener Innenverhältnis. Vor der Saison lief er Gefahr, seinen Stammplatz zu verlieren; schon früher hatte er zuweilen auf die Position des rechten Verteidigers ausweichen müssen, um in der Mannschaft zu bleiben. Dann wechselte Nationalspieler Fabian Ernst nach Schalke, als Kandidat für das Zentrum des defensiven Mittelfeldes. Auch diesen Konkurrenten vermochte Poulsen auszustechen. Ernst wirkt seit seiner Ankunft im Ruhrgebiet ausgelaugt; zuletzt wich er auf den rechten Flügel aus. Aber nicht einmal als Randfigur im Mittelfeld kann er seiner Sache sicher sein.“