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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ball und Buchstabe

Ausstellung: Rundlederwelten

Oliver Fritsch | Freitag, 21. Oktober 2005 Kommentare deaktiviert für Ausstellung: Rundlederwelten

In Berlin hat die Ausstellung „Rundlederwelten“ eröffnet, Teil des Kulturprogramms zur Weltmeisterschaft. Die Rezensenten urteilen freundlich bis begeistert – überraschend, die Abneigung gegenüber der Kopplung von Fußball und Kunst, dem „Doppelpass“, wie das verbreitete und verblasste Sprachbild dafür lautet, ist in letzter Zeit gewachsen.

Mitreißend

Thomas Medicus (FR) bekommt Gänsehaut: „Wenn Fußball selbst Kunst ist, warum dann das Spiel aller Spiele durch künstlerische Darstellung noch aufwerten? Weil wir dann besser wissen und verstehen, was die globale Kultur des Fußball bedeutet, warum wir dieses Spiel mindestens so sehr lieben wie unsere Kinder, ihm verfallen sind wie unseren Frauen, Lebensgefährtinnen, Geliebten, Freundinnen und Freunden. Genau diese Faszination nicht nur zu erklären, sondern noch zu verstärken, schafft diese Ausstellung auf mitreißende Weise. (…) Am Ende ist man nicht nur gut gelaunt, geläutert, erneut ballverliebt, man weiß auch, warum der homo ludens den Göttern näher ist als alles faule Sitzfleisch.“

Geschrumpft

Das große Tor von … – Stefan Osterhaus (NZZ) greift sich, die Ausstellung durchschreitend, ein Bild heraus: Warhols Beckenbauer-Portrait: „In der monumentalen Umgebung des Martin-Gropius-Baus schrumpft das blaue Bild auf seine tatsächliche Grösse von einem Quadratmeter. Eine Verneigung sieht anders aus. Oder liegt es daran, dass der Münchner inzwischen derart überlebensgross durch die Weltgeschichte eilt, dass sich selbst die Arbeit der Pop-Art-Ikone Warhol mickrig neben ihm ausnimmt? Die Placierung des Exponats lässt alle Schlüsse zu. Und sie birgt einen Triumph für die Freunde des reinen Spiels: Der Kunst des bayrischen Imperators war nicht einmal Warhol gewachsen.“

Peter von Becker (Tsp) schildert einen Mangel: „Fußball, das heißt auch Unterhaltungsindustrie. Explizit und grimmig Sozialkritisches ist zu diesem Thema in der Ausstellung nicht zu sehen.“

Pompös

Johannes Binotto (NZZ) gibt „Goal“, einem Fifa-Film, eine schlechte Note: „Pünktlich zur globalen Vorfreude auf die WM bringt der Regisseur Danny Cannon einen Fifa-Werbespot in Spielfilmlänge in die Kinos mit allem, was dazugehört: fahrig gefilmte Steilpässe in flackrigem Digitalbild, grandiose Tore in elegischer Zeitlupe. Doch will sich die Spannung eines Matchs nicht so recht in die Clip-Ästhetik des Films fügen, und so muss die Dramatik, die den Spielszenen abgeht, von ausserhalb der weissen Linie eingeworfen werden. (…) Pompös und überlebensgross erweist sich alles in diesem ersten Teil einer geplanten Trilogie.“

Wie Tausende andere auch

Anlässlich des Hoyzer-Prozesses schreibt Nico Ljubic (Zeit) über die Karrierechancen von Schiedsrichtern: „10000 Schiedsrichter gibt es in Niedersachsen, 80000 in Deutschland – 20 von ihnen pfeifen in der Ersten Liga. Da ist es leichter, Profifußballer zu werden. Im Herrenbereich gibt es siebzehn Spielklassen, die ein Schiedsrichter durchlaufen muss. Selbst wenn es schnell geht, dauert das zehn bis zwölf Jahre. Was sind das für junge Männer, die sich das antun? Auf den ersten Blick: Männer wie Tausende andere auch. (…) Warum hat Hoyzer Spiele verschoben? Er hatte doch erreicht, was nur wenige erreichen! Er war dem großen Traum so nahe, die Erste Liga war für ihn nur eine Frage der Zeit. Er hatte alles hinter sich. Die Jahre in der Provinz. Viele beenden ihre Karriere in der Kreisklasse, weil sie keine Lust haben, immer angemacht zu werden.“

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