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Bundesliga

Bayer Leverkusen – VfB Stuttgart 1:1

Oliver Fritsch | Dienstag, 25. Oktober 2005 Kommentare deaktiviert für Bayer Leverkusen – VfB Stuttgart 1:1

Ein Spiel mit Resonanz in der Presse – ungewöhnlich für ein Spiel des Zehnten gegen den Neunten; erwartungsgemäß, wenn man bedenkt, dass zwei Mannschaften spielen, die bisher sehr enttäuscht haben. Tenor: Der VfB Stuttgart wird gelobt – mit Bedacht und in doppelter Verneinung; die Redaktionen sind aus der Übung gekommen: Der VfB dürfe „nicht unzufrieden“ sein, schreibt die FAZ. „Wann verlässt der VfB die Intensivstation?“, fragt die Stuttgarter Zeitung auf Krankenbesuch und beschwört die „Selbstheilungskräfte“ des Teams; auf Trainer Giovanni Trapattoni, schweigend und skeptisch beobachtet, zählen die Journalisten bei der Genesung wohl nicht mehr. Am Sonntag veröffentlichte die FAS einen Artikel über Timo Hildebrand, aus dem hervorgeht, dass der „Rädelsführer wider Willen“ sich Kritik an Trapattoni verkneife und zurzeit einfach seine Bürger- und Spielerpflicht erfülle: spielen und schweigen.

Der Patient VfB atmet wieder gleichmäßiger

Wie geht’s dem VfB? Mathias Schneider (StZ) hat mit dem Arzt gesprochen: „Zwar bleibt die Situation sowohl in tabellarischer Hinsicht als auch in Bezug auf den Arbeitsplatz des Trainers angespannt. Doch vor allem aus dem Umstand, dass man erstmals in dieser Spielzeit das Schicksal in die eigenen Hände genommen hat, schöpfen die Protagonisten Zuversicht. (…) Der Patient VfB atmet wieder etwas gleichmäßiger; über den Berg ist er noch lange nicht. Sollte gegen Hansa Rostock im Pokal ein peinliches Aus folgen, drohen bereits wieder gravierende Herz-Rhythmus-Störungen.“

Flüssiges Offensivspiel

Christoph Biermann (SZ) vergleicht die Lage der zwei Vereine: „Zum ersten Mal in dieser Saison konnte man Giovanni Trapattoni seine optimistischen Versprechen wirklich glauben, denn der VfB Stuttgart stellte das bessere Team. Aus defensiver Ordnung entwickelte Stuttgart ein flüssiges Offensivspiel mit hoher Ballzirkulation und vielen Torchancen. (…) In Leverkusen hingegen besteht traditionell nicht so sehr das Problem, dass die Spieler zu ängstlich auf der Bremse stehen; das Problem liegt eher in ihrer Neigung, das Gaspedal nicht entschlossen durchzutreten. Insofern war Michael Skibbe bei seinem Heimdebüt nicht unzufrieden.“

taz-Spielbericht
FAS-Interview mit Michael Skibbe über seine Aufgabe in Leverkusen und seine Haltung in der WSD, der „Wohnsitzdebatte“

Treibjagd

Weiter auf der Agenda: Passt Uwe Rapolder nach Köln? Auffällig dabei: die Betonung des Kölner Milieus, sprich: Medienkritik am Kölner Boulevard. „Rapolder droht in Köln mit einer Arbeitsweise zu scheitern, die in Bielefeld funktionierte“, fürchtet der Kölner Stadt-Anzeiger, ein sachliches Gegengewicht zu den zwei Knallblättern Bild und Express. Stefan Osterhaus (NZZ) findet eine Mitschuld an der Kölner Misere bei den Boulevardblättern, die in Lukas Podolski verliebt sind: „Es ist nicht leicht, dieses Theater nachzuvollziehen. Doch um es ansatzweise zu begreifen, muss man Podolski spielen gesehen haben. Der Bursche ist eine Sensation, Rummenigge näher als dem Altersgenossen Rooney. Schussgewaltig, technisch brillant, spurtstark, aus allen Lagen feuernd, kurz: ein Finisseur. (…) Die Treibjagd auf Rapolder, der es wagte, den Sakrosankten einmal nicht von Beginn an aufzustellen, ist in vollem Gange. Es sind die alten Mechanismen, betrieben von den üblichen Verdächtigen. Der Boulevard fordert Exklusivität. Rapolder kam aus Bielefeld, dort hat der Boulevard keine Plattform. Rapolder hatte Ruhe, konnte jene leicht professorale Aura um sich spinnen, die nicht ins leutselige Rheinland passt. In Köln begibt er sich in ein mediales Sperrfeuer. Zwei konkurrierende Verlagshäuser mit ihren Blättern Bild und Express werben um Leser. (…) In Köln ist mit allerlei fragwürdigen Zutaten ein Konflikt kreiert worden.“

Christian Löer (Kölner Stadt-Anzeiger) stöbert in Rapolders Akte: „Bei Waldhof Mannheim eckte er richtig an, da waren die Konflikte allgegenwärtig. (…) Auch Rapolders Spieler in Bielefeld hatten es nicht leicht. Bloß waren sie folgsamer als jene, die Rapolder nun zu betreuen hat. Die Bielefelder Spieler waren ihrem Trainer und seinen Ideen in der Zweiten Liga bedingungslos hinterhergerannt, und sie taten es auch in der Erstklassigkeit. (…) Hat man schlicht einen Trainer verpflichtet, dessen Menschenführung nicht zu einem Traditionsklub wie dem 1. FC Köln passt, bei dem sich jeder Auswechselspieler als Star fühlt?“

Schadenfreude

Peter Ahrens (SpOn) misst Rapolder an seinen schlauen Worten von gestern: „Wie bei allen Beispielen von ‚Flieg nicht so hoch mein kleiner Freund’-Phänomenen mischt sich auch hier ein bisschen Schadenfreude in das Bedauern über den Tiefflug des Projektes FC 2006. Wer den Eindruck erweckt, er habe den Fußball zwar nicht komplett neu erfunden, aber zumindest erheblich zu seiner Weiterentwicklung beigetragen, hat mit einer gewissen Fallhöhe zu rechnen. (…) Konzeptfußball funktioniert dann, wenn eine Flanke genau auf den Kopf des Mittelstürmers geschlagen wird und der den Ball ins Tor köpft.“

In dieser Branche wird gelogen

Die Stuttgarter Zeitung fragt Klaus Toppmöller – zwar ohne direkten Bezug zum Fall Rapolder, doch auf den Subtext, wie der Philologe sagt, kommt es an. Toppmöller, auf sein eigenes Schicksal hinweisend, solidarisiert sich mit Rapolder: „Wenn ein Klub hinter den Erwartungen bleibt, brauchen die Medien und die Funktionäre ein Opfer: Das ist der Trainer. Um ihn öffentlich zu demontieren, werden täglich neue Nadelstiche gesetzt. Da wird in dieser Branche gelogen, dass sich die Balken biegen. (…) Vereinsführung und Zeitungen spielen Doppelpass – und wir sitzen am kürzeren Hebel. Was immer wir auch tun, in solchen Situationen wird uns alles negativ ausgelegt. (…) Drei Mannschaften stehen in der Tabelle immer unten, und deren Trainer sind die Deppen der Nation, die an allem schuld sind. (…) Ich wollte aus der Szene aussteigen – vor einem Jahr. Als klar war, dass Robert Hoyzer unser Spiel in Paderborn verschoben hatte, war ich fix und fertig. Diese Schweinerei war für mich der Anfang vom Ende beim HSV. Anschließend wurde ich plattgemacht. Der große DFB hielt es nicht mal für nötig, sich bei mir zu melden.“

WamS: Wie Sportmanager Michael Zorc Dortmunds Zukunft plant
FAZ: Fünf Jahre BVB-Aktie: Geschichte eines Mißerfolgs

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