Deutsche Elf
Gehemmt
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| Mittwoch, 9. November 2005Wer hätte das vor ein paar Monaten gedacht? Lukas Podolski ist das Sorgenkind Fußball-Deutschlands, er trifft kein Tor mehr, er wirkt gehemmt. Wie konnte das passieren?, fragen die Beobachter. Erwarten alle zu viel von ihm? Hält man ihn für den Messias? Stellt man ihm zu viele Fragen? Der Spiegel hat vor drei Wochen festgestellt: „Wegbegleiter sind skeptisch, ob Podolski allen Sehnsüchten standhält“ und vor einem ähnlichen Werdegang wie Sebastian Deisler gewarnt. Auch Andreas Lesch (BLZ) erlebt dieses Déjà-vu und zweifelt, ob die Heimat Köln noch der richtige Ort ist: „Oft ist die Frage diskutiert worden, welcher Weg für die Entwicklung eines jungen Fußballers besser ist: der Verbleib bei einem kleinen Klub, in dem er seinen Stammplatz sicher weiß – oder der Wechsel zu einem Großverein, in dem er sich täglich neu bewähren muss. Das Beispiel Podolski lässt ahnen, dass diese Diskussion neu geführt werden muss. Es zeigt, dass talentierte Jungprofis auch in ihrer Heimat in die Enge gedrängt werden können; dass sie sich dort weniger auf dem Platz behaupten müssen, dafür umso mehr außerhalb – weil ihr Privatleben kaum noch existiert. Bastian Schweinsteiger, der mit Podolski vor Monaten das hymnisch gefeierte Duo Schweini & Poldi gab, erlebt das Gegenteil: Er hat beim FC Bayern seine Ruhe, denn er hat prominente Mitspieler, die das öffentliche Interesse auf sich ziehen. Schweinsteiger macht Fehler, aber er darf sie machen. Bei Podolski dagegen leidet die sportliche Leistung darunter, dass er kaum noch durchatmen kann. (…) Es hat schon einmal eine junge deutsche Hoffnung gegeben, die umschwärmt und vergöttert wurde und die das alles nicht verkraftet hat: Sebastian Deisler.“
Zum ersten mal lesen wir heute über die Unzufriedenheit der Kölner Fans, die Podolski bisher alles verziehen haben. Gute Leistungen hat er zuletzt, wenn überhaupt, im Nationalteam gebracht, zuletzt vor zwei Monaten. Wird Jürgen Klinsmann auf Podolski Einfluss nehmen können? Christoph Biermann (SZ) hofft darauf: „Weil die schwachen Leistungen bei Podolski chronisch zu werden drohen, besteht wachsende Notwendigkeit, auf den auch erst 20-Jährigen einzuwirken. Uwe Rapolder könnte es Klinsmann danken, vielleicht dringt der Bundestrainer bei Podolski auf eine Weise durch, wie das in Köln zur Zeit niemanden zu gelingen scheint. Hohe Zeit wäre es dafür, denn langsam kippt auch bei den Anhängern des 1. FC Köln die Stimmung.“ Jürgen Klinsmann sagt der Sport Bild: „Joachim Löw und ich haben Podolski Hilfe angeboten. Mann muß auf seine Entwicklung einwirken. Ich weiß nicht, wie ich als 20jähriger reagiert hätte auf das, was derzeit auf ihn stürzt. Es ist für die jungen Spieler schwierig in der heutigen Zeit, weil in ihrem Umfeld viel schöngeredet wird. Von einem Spielerberater angefangen bis hin zum Freundeskreis.“
Welt-Interview mit Jürgen Klinsmann