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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ball und Buchstabe

Was ist ein Fan?

Oliver Fritsch | Donnerstag, 24. November 2005 Kommentare deaktiviert für Was ist ein Fan?

Was ist ein Fan? Was tut er, was will er, wie spricht er über Fußball? Ewige Fragen der Fußballsoziologie. Wichtigste Prämisse: Fan ist nicht gleich Fan, selbst innerhalb eines Vereins lebt eine in Art, Ausdruck, Haltung und Verhalten sehr heterogene Fan-Schar. Höchst lesenswert stellt Andreas Rosenfelder (FAZ/Feuilleton) das Verdienst der oft verschrienen Ultras bei der Popularisierung des Fußballs heraus: „Daß sich Fußball zum hippen Gesamtkunstwerk entwickelt hat, das alle Gesellschaftsbereiche durchstrahlt, ist keineswegs nur den üblichen Verdächtigen wie Franz Beckenbauer, Nick Hornby oder dem Sender Premiere zu verdanken. Wesentlichen Anteil an der Wiederbelebung des lange Zeit als Proletensport verpönten Fußballs hatte die Ultra-Bewegung, die in den neunziger Jahren von Südeuropa nach Deutschland schwappte und die Atmosphäre in hiesigen Stadien revolutionierte. Die tribünenfüllenden Choreographien, die vor jeder Live-Übertragung als Stimmungsmacher eingeblendet werden und beim Stadionbesuch vor dem Anpfiff für unvergleichliche Gänsehaut sorgen, gäbe es ohne die Ultras nicht. Daß nun Sicherheitsexperten und zweifelhafte Fansoziologen mit Begriffen wie ‚Hooltras’ das Bild einer diffusen Bedrohung aus den Fanblöcken zeichnen und daß Reporter in jedem Bengalfeuer ein Vorzeichen des Bürgerkriegs ausmachen, während gleichzeitig der DFB mit dem offiziellen ‚Fan Club Nationalelf’ den lächerlichen Versuch unternimmt, in der Retorte eine keimfreie Fankultur heranzuzüchten – dieser kritische Punkt in der jungen Geschichte der deutschen Ultras sollte Anlaß geben, ihren Standort zu bestimmen. Wie bei vielen Jugendkulturen führt auch der Weg zu den Ultras über eine Negation. (…) Jetzt kopiert der DFB mit seinem Laborfanclub die Stimmungstechniken der Ultras, während andererseits Angst geschürt wird vor ‚Menschenansammlungen in der Kurve, die nicht berechenbar sind’. Schon wegen Bierbecherwürfen werden Stadionverbote verhängt.“

WM in Deutschland, und wir legen seit einiger Zeit die Stirn in Falten: Welche „Fans“, insbesondere deutsche, werden bei der WM in den Stadien sitzen? Werden es solche sein, die sich auch an Altona 93 gegen Holstein Kiel erfreuen könnten? Oder solche, die bisher Fußballzuschauern nach einem 0:0 einen Satz an den Kopf geworfen haben, wie: „Dann hättest Du ja gleich zuhause bleiben können!“? Wird also die WM von Event-Fans heimgesucht werden? Vielleicht erhalten wir eine erste Antwort durch ein Online-Projekt der Friedrich-Ebert-Stiftung, die nun Fans for Football gegründet hat, ein Wettbewerb, von dem sich bisher erst schwer sagen lässt, was am Ende herauskommt. Fans aus aller Welt werden gebeten, „mit Initiativen und Aktionen dazu beitragen, diese WM zu einem einzigartigen und völkerverbindenden Fest zu machen“ und ihre Ideen zu senden. Die Jury besteht aus bekannten Autoren, wie Christoph Biermann, Philipp Köster und Thomas Brussig.

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