WM 2006
Gegen den Wunsch der Sponsoren
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| Donnerstag, 15. Dezember 2005Brasilien steigt während der WM in Königstein im Taunus ab. Na und? Was interessiert es uns? Warum so viel Trara? Es geht um Geld, es geht um Aufmerksamkeit. Viele Städte hätten die Brasilianer gerne beherbergt, weswegen die Standortwahl seit Monaten mit Spannung und Eifer registriert worden ist. Angeblich haben manche Städte und Gemeinden sogar Geld geboten, um die Popstars Ronaldinho und Ronaldo auf ihren Sportplätzen zu präsentieren und in ihren Fußgängerzonen und Heimatmuseen herumzuführen. Die FAS hat in ihrer letzten Ausgabe „das große Buhlen um die Brasilianer“ mit Aufwand recherchiert und bebildert. Der Spiegel hat kürzlich vermutet, dass Brasilien, wie Deutschland, in Berlin logieren werde und damit seinem Sponsor Nike ein Herzensbegehr erfülle. Das ewige Duell Nike gegen Adidas, Deutschland-Sponsor, hätte eine weitere Neuauflage erfahren.
„Doch Brasilien entscheidet sich gegen den Wunsch der Sponsoren“, staunt die SZ und gewinnt der Wahl eine sportpolitische Dimension ab. Thomas Kistner (SZ) erkennt darin eine Niederlage des Verbandspräsidenten: „Trainer Parreira hat sich gegen Verbandschef Ricardo Teixeira behauptet, der stets auf Linie der sponsernden Wirtschaftsmächte marschierte, wobei er üppig profitierte – so urteilte ein Untersuchungsausschuss in Brasilia, der Strafanklage gegen den Fußball-Paten empfahl. Dass Brasiliens Justiz darauf so wenig reagierte wie auf frühere Vorwürfe gegen Teixeira, könnte damit zu tun haben, dass bei einstigen WM-Turnieren fröhliche Reisegrüppchen aus Richtern und Strafverfolgern unterwegs waren, gut bestückt mit Eintrittskarten. Nun hat Teixeira ein neues Ziel: Den Chefstuhl im Weltverband. Dort stünde sein ramponiertes Image eher in guter Tradition, die Fifa huldigt in Sepp Blatter ja heute schon einem Verbandschef, dem die Korruptionsfahnder zusetzen.“
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Keine symbolische Entscheidung
Vorsicht, Sie verlassen den WM-Sektor! Michael Horeni (FAZ) bedauert, dass niemand nach Ostdeutschland will: „Der Osten bleibt, wie es aussieht, vom Fußball während der WM vollkommen unbewohnt. Damit geht auch die Idee der Bewerbung, daß die Weltmeisterschaft eine vereinigte Nation widerspiegeln solle, immer mehr dahin. Die Entscheidung der Fußball-Supermacht Brasilien, sich nun ausgerechnet im Herzen des deutschen Wohlstands niederzulassen, ist damit auch ein Symbol für ein geteiltes WM-Land.“ Auch Christof Kneer (SZ) beklagt die Wirkungslosigkeit der deutschen Kampagne: „Wenn nicht alles täuscht, holt im Moment auch den Fußball schmerzhaft eine Erkenntnis ein, die der olympische Sport bereits hinter sich hat. Die Wiedervereinigungssymbolik, die sowohl den Olympiabewerbungen Berlins und Leipzigs als auch dieser WM identitätsstiftend innewohnte, wird im Rest der Welt offenbar nicht honoriert. (…) Man kann nicht zwingend einen Beitrag von ausländischen Sportverbänden erwarten, weil die ihre Entscheidungen eher nicht aus symbolischen Gründen treffen. Sie wissen zwar, dass hier zusammenwachsen soll, was zusammengehört; aber offenbar kommen sie zu der Erkenntnis, dass das infrastrukturell noch nicht geschehen ist. Das ist ein Politikum, und es kann nicht verwundern, dass sie im Organisationskomitee nicht so gerne darüber sprechen.“
Wichtig! Der TV-Plan für die WM, faz.net