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Bundesliga

Fußball-Geldadel

Oliver Fritsch | Samstag, 17. Dezember 2005 Kommentare deaktiviert für Fußball-Geldadel

Frank Heike (FAZ) betont die unterschiedlichen Strategien der sportlich ähnlich erfolgreichen Bremer und Hamburger: „Der Hamburger SV ist Zweiter und spielt beim Tabellendritten Werder Bremen. Das hat zu allerlei System- und sonstigen Vergleichen geführt, und vielleicht kann man es noch einmal auf den Punkt bringen: Während der Bremer Erfolg – soweit im Fußball überhaupt möglich – organisch gewachsen ist, geht der HSV auf seinem Weg zurück an die deutsche und europäische Spitze hohes Risiko. Es gibt manche im Umfeld des Vereins, für die ist Bernd Hoffmann, der Mann, der 2003 vom Vermarkter Sportfive ohne Fußball-Stallgeruch kam, ein Hasardeur. Er selbst sagte jüngst, daß das Geheimnis der Lenkung eines Bundesliga-Klubs doch sei, an die Tür der Champions League zu klopfen und dabei die Insolvenz zu verhindern. Die Bremer bekommen Atemnot, wenn sie so etwas hören; hier sorgt die alte Garde um Amateur-Vorstand Klaus-Dieter Fischer und Marketing-Vorstand Manfred Müller für die gebotene Demut vor dem Geld. Jürgen Born, seit 1999 im Amt, spricht gern von einer ‚einkommensorientierten Ausgabenpolitik’. (…) Auch Werder ist längst nicht mehr so vorsichtig wie früher. Auch dafür steht Born. Werder ist kein Leichtgewicht, es zählt längst zum deutschen Fußball-Geldadel.“ Ralf Wiegand (SZ) träumt von einem norddeutschen Bund: „Aus der Abwehr des HSV und dem Sturm des SV Werder, aus dem Stadion des HSV und dem Publikum der Bremer Ostkurve, aus der Schubkraft des Berufsoptimisten Thomas Doll und der Bremskraft des erdigen Thomas Schaaf ließe sich eine Traumkonstellation zusammenbasteln, die sich in Europa sehen lassen könnte. Konzeptionell sind beide Klubs ohnehin zusammengerückt: Nachdem die Bremer seit 20 Jahren vormachen, wie man es mit wenig Geld, aber viel Fantasie (Micoud!) ganz nach oben schaffen kann, hat der HSV Teile des Plans übernommen. Er versucht es mit viel Geld und viel Fantasie (van der Vaart!).“

BLZ: Miroslav Klose ist bei Werder Bremen gereift – nicht nur als Fußballer

Auch ein Mann des Volkes

Wie ginge es Borussia Dortmund eigentlich ohne Bert van Marwijk? Gegen wen würde Borussia heute spielen, wenn sie im Sommer 2004 einen anderen Trainer verpflichtet hätte? Richard Leipold (FAZ) streicht Wesen und Erfolg des Glücksgriffs van Marwijk heraus: „Er wirkt wie eine fast vollkommene Mischung aus Fußballfachmann, Psychologe und Pädagoge. Im Umgang mit den Jüngsten kommt ihm zugute, daß er acht Jahre, für einen Trainer seines Formats ungewöhnlich lange, als Jugendtrainer gearbeitet hat. Van Marwijk nimmt Unbill tapfer zur Kenntnis und geht ohne jedes Zeichen von Resignation zur Tagesordnung über. Er müsse den Spielern, gerade den jungen, das Gefühl geben, daß ihn die Schwierigkeiten nicht belasteten, so gravierend sie scheinen mögen. Es sei fatal, das Signal zu senden, daß die Lage aussichtslos sei. So blickt er auch dem ungleichen Kampf gegen Bayern München entgegen. Van Marwijk hat schon Schlimmeres erlebt in Dortmund. Die Insolvenz vor Augen, ließ er, äußerlich ungerührt, weiter Fußball spielen. Während der größten Krise konnte ihm nicht einmal Florian Homm, der Mehrheitsaktionär des BVB, etwas anhaben. Der Fondsmanager konnte mit van Marwijks Art nicht viel anfangen und ließ wissen, er wünsche sich einen Fußballehrer wie Uwe Rapolder. Van Marwijk zeigte sich irritiert; er bot Homm die Stirn, ohne ausfällig zu werden. Es falle ihm schwer, einen solchen Mann zu respektieren, sagte der Trainer und fügte dezent an: ‚Für Geld kann man nicht alles kaufen.’ Spätestens dieser Gegenangriff hat van Marwijk (auch) zu einem Mann des Volkes gemacht. Er ist kein Trainer, der heuchelnd vor der Fantribüne einherschreitet, um Politik zu machen. Wenn die Südtribüne ihn fordert, verbeugt er sich mit Abstand und Anstand. (…) Van Marwijk mag unter falschen Voraussetzungen ins Ruhrgebiet gelockt worden sein – den Vertrag mit dem BVB hat er vorzeitig bis 2007 verlängert.“

Wenn die Eintracht weiter mit Yeboah und Gaudino gearbeitet hätte, wäre sie noch früher abgestiegen

Aus dem Fußball-Nähkästchen – Horst Köppel im FR-Interview
FR: Haben sich die Spieler verändert? Gibt es heute mehr mündige Profis?
HK: Ja, und viele Spieler wissen, was in der Welt los ist, was in Deutschland auf dem Arbeitsmarkt abgeht. Die, die es nicht wissen, die nehme ich zur Seite und sage Ihnen: ‚Pass mal auf! Du hast einen absoluten Traumberuf. Du musst nicht morgens um acht auf der Baustelle stehen und acht, neun Stunden hart arbeiten für einen Bruchteil dessen, was du verdienst.’
FR: Geht es den Spielern zu gut?
HK: Ja, und manchmal ist es auch besser, sich von den Spielern zu trennen. So wie wir es damals in Frankfurt gemacht haben.
FR: Damals, im Dezember 1994, haben Sie zusammen mit Cheftrainer Jupp Heynckes Yeboah, Gaudino und Okocha aussortiert. Der Schuss ging gewaltig nach hinten los, die Eintracht stieg später, 1996, sogar ab.
HK: Na ja, ich weiß noch genau, wie es war: Das erste Heimspiel nach der Entscheidung haben wir 2:0 gegen den HSV gewonnen, und alle haben gesagt: ‚Richtig gemacht, endlich ein Trainer, der sich durchsetzt.’ Zwei Wochen später haben dieselben Leute im Vip-Raum gemeckert: ‚Wie kann man die nur wegschicken?’ Wenn die Eintracht weiter mit Yeboah und Gaudino gearbeitet hätte, wäre sie noch früher abgestiegen. Sie können sich nicht vorstellen, wie die sich verhalten haben.
FR: Dann erzählen Sie es uns!
HK: Freitags war Abschlusstraining, wir haben fünf gegen zwei gespielt, und Yeboah, Okocha und Gaudino sind keinen Schritt gelaufen. Da hat der Jupp zu ihnen gesagt: ‚Hört mal, ihr habt wenig getan, wir gehen heute Mittag noch mal für 20 Minuten in den Wald.’ Da ist selbst der Jupp mit seinem kaputten Knie mitgelaufen. Und dann kommt Yeboah abends ins Hotel und sagt: ‚Ich kann morgen nicht spielen, ich habe heute zweimal trainiert.’ Die anderen beiden haben sich solidarisch erklärt. Wenn das gutgeheißen wird, hat es keinen Sinn mehr. Das kann man sich als Trainer nicht gefallen lassen. Egal, wie der Spieler heißt.

Wie ein pubertierender Teenager

Tobias Schächter (SZ) belegt den Mainzer Aufschwung: „Aus dem ewigen Abstiegskämpfer der zweiten Liga hat sich Mainz 05 nach einer bundesweit bestaunten Zwischenstation als dreimal lustvoll scheiternder Aufstiegskämpfer zu einer Marke im Bundesliga-Fußball entwickelt. Und ist tatsächlich zu einer Fußballstadt mutiert. Die veranschlagten 16.500 Dauerkarten für die zweite Erstligasaison waren an einem Tag verkauft. Manager Heidel musste 8.000 Wünsche ablehnen. Noch in der zweiten Liga unterstützten Mainz 05 nur 25 Fan-Klubs und die wenigen Zuschauer rekrutierten sich fast nur aus dem Stadtgebiet. ‚Jetzt haben wir 130 Fanklubs, auch tief in Hessen und in der Pfalz’, erzählt Heidel. In den vergangenen fünfzehn Monaten war ein Mitgliederanstieg von 1.400 auf 7.500 zu verzeichnen, Tendenz steigend. Der 101 Jahre alte 1. FSV Mainz 05 befindet sich in einem Wachstumsschub wie ein pubertierender Teenager: Jeder sieht, da wächst was, nur wohin es geht, vermag niemand zu sagen (…) Beeindruckend ist, wie variantenreich das Team derzeit in der Offensive wirbelt.“

1. FC Kaiserslautern–Eintracht Frankfurt 1:2

Davon geht die Welt in der Pfalz scheinbar nicht mehr unter

„Lautern bietet genug – für die zweite Liga“, spottet die FAZ, die BLZ registriert eine „neue Bescheidenheit“ der aufstrebenden Frankfurter Uwe Marx (FAZ) vermisst Kaiserslauterer Gift und Galle: „Es war symbolhaft, daß die meisten Zuschauer bei sanfter Schlagermusik unaufgeregt das Stadion verließen, anscheinend unbeteiligt. Der Betzenberg, einst ein Hort aufwallender Emotionen, hat seinen Schrecken längst verloren. Wieder eine Niederlage, die fünfte nacheinander und die dritte unter Wolf – davon geht die Welt in der Pfalz scheinbar nicht mehr unter. Matt sind auch die Versuche, die Mannschaft erstligareif zu reden. (…) Hier hat sich eine Mannschaft in die Krise gespielt, in der weit und breit niemand auszumachen ist, an dem sich andere aufrichten könnten.“ Ingo Durstewitz (FR) schreibt: „Es ist erstaunlich, mit welch Souveränität die Eintracht auftritt und ihre Siege einfährt. Der Neuling spielt unbekümmerten Fußball, die Tore fallen oft nach einem dieser schon zum Markenzeichen und bundesweit gefürchteten Konter. Die Frankfurter haben gegen keinen einzigen direkten Konkurrenten verloren.“ Tobias Schächter (BLZ) fügt hinzu: „Wo früher die Erwartungen so steil in den Himmel geschossen wären wie die Hochhäuser der Bankenmetropole, führen nun geerdete Mahner das Wort.“

Welt-Interview: Vorstandschef René Jäggi über den Misserfolg des 1. FC Kaiserslautern, Geldnot und unrealistische Wünsche

FR: Der FC Bayern plant mit der Verpflichtung von Julio dos Santos bereits für die Zeit nach Michael Ballack

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