Ball und Buchstabe
Von Selbstkritik weit entfernt
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| Samstag, 17. Dezember 2005Freispruch im Doping-Prozess gegen Juventus – Oliver Meiler (BLZ) ärgert sich, dass aus Täter Opfer werden: „Turiner Verklärung, der Freispruch schafft zweifelhafte Märtyrer – Freilich, in zwei Anklagepunkten reichte es nur deshalb zu einem Freispruch, weil das Strafgesetzbuch die beanstandeten Tatbestände nicht als solche vorsieht. Doch das interessiert nun niemanden mehr. Die Zeitungen zeigten Bilder aus dem Gerichtssaal, von gestandenen und erfolgsverwöhnten Männern in Tränen, sich herzend und küssend. Und diese drehten den Spieß schnell um. Der tschechische Trainer Zeman solle sich diese Sentenz gut ansehen, sagte Giraudo. Agricola sprach von Wunden, die nicht rasch heilen würden. Und jemand fragte, wer nun diese mit Schlamm Beworfenen für ihr Leid entschädigen würde. Es läuft die Verklärung der Alten Dame, einer modernen Märtyrerin. Trotz Zweifeln.“ Birgit Schönau (SZ) ergänzt: „Juventus ist am Tag nach dem Urteil von Selbstkritik weit entfernt. 281 Arzneimittel in der Apotheke des Doktor Agricola, das war für den Klub nie ein Thema. Wo es kein Gesetz gibt, gibt es keine Verstöße, in dieser Überzeugung dürfen sich die prominentesten Vertreter des Calcio nun erst recht bestätigt fühlen. Man hat das zuletzt auch erlebt, als im Staatsfernsehen Rai ein Video des Nationalspielers Fabio Cannavaro gezeigt wurde, in dem der frühere Parma-Spieler vor einem Spiel am Tropf hängend zu sehen war. Ganz normale Aufbaumittel, kein Doping, keine Straftat. Nur Verletzung der Privatsphäre. Von kritischer Reflexion war auch in den Medien nichts zu spüren.“
NZZ: „Zeit der Verdunkelung“ – Reaktionen auf die Freisprüche