indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

WM 2006

Ascheplatz

Oliver Fritsch | Freitag, 23. Dezember 2005 Kommentare deaktiviert für Ascheplatz

Anmaßung

Das WM-OK wird vom Gericht dazu gezwungen, den Kartenverkauf zu bessern, und Markus Völker (taz) drückt seine Genugtuung aus: „Ein Korrektiv war dringend nötig, um den Monopolisten zur Einsicht zu bringen; die Politik spielte die Rolle des Schlichters. Das OK und der DFB mokierten sich vor der Entscheidung und vergriffen sich mehr als einmal im Ton. Man ereiferte sich, denunzierte die Gegenseite und sprach von einer Wohltat am Kunden. Franz Beckenbauer machte unter den Verbraucherschützern ‚Tagediebe’ aus. Wolfgang Niersbach meinte, diese Mäkelei sei typisch deutsch. Richtig ist, dass das Angebot typisch dreist war und obendrein dem Motto folgte: Abzocke ist erlaubt, die Fußballfans stehen ja sowieso Schlange. In der Tat, das Angebot ist knapp und die Nachfrage riesig, aber gerade in so einer Situation, in der ein Branchenführer sich in Anmaßung übt, müssen Widerstreiter auf den Plan treten, die im Interesse der Verbraucher sprechen. Diese als Nörgler zu desavouieren und darauf hinzuweisen, man zwinge ja niemanden zum Kauf, wie es Horst R. Schmidt getan hat, zeigte nur die galoppierende Beratungsresistenz des OK.“

Michael Kölmel (BLZ) kritisiert die Hybris des WM-OK: „Wer sich nur lange genug einredet, er allein würde allen anderen etwas Großartiges, Einzigartiges, Überwältigendes schenken, der ist zwangsläufig irgendwann überzeugt, dass er alles darf. Nur so ist zu erklären, wieso die Herren seit Monaten so viel Unsinn reden. Selbst jetzt, wo sie beim Abzocken ertappt wurden. Seit Beginn des Ticketverkaufs im Januar gibt es Beanstandungen. Von Datenschützern, Parlamentariern, Wettbewerbshütern und Fans, welche die Geschäftsbedingungen in ihren Foren debattieren. An vielen Punkten mussten die WM-Organisatoren nachgeben. Nicht aus Einsicht, sondern auf Grund von Druck. (…) Wieso sollten Käufer mit Gebühren ohne Gegenleistung das OK finanzieren? Weil uns der DFB die WM schenkt? Deutschland zahle die WM – Stadien, Sicherheit, Infrastruktur, Steuerbefreiung. Geschenkt, sagen fast alle. Als Gegenleistung wäre Fairness schön. Und jetzt, nach dem Kompromiss, Schweigen.“ Frank Hellmann (FR) ergänzt: „Dass dem OK jemand (über den Klageweg) auf die Finger gehauen hat, war gut. Zustell- und Servicegebühren mögen noch vertretbar sein, doch in Verbindung mit überhöhten Vorauszahlungen und gestreckten Rückzahlungen sind sie dreist.“

Deutsche Elf

Weltmeistertitel in Kleinkariertheit

Matti Lieske (BLZ) nervt Jürgen Klinsmanns Entscheidung, den Nationalspielern die Teilnahme am UN-Benefizspiel in Düsseldorf zu verbieten: „Den Weltmeistertitel in Kleinkariertheit hat Klinsmann damit bereits gewonnen, denn wie ein paar Minuten Kicken in einem Benefizspiel, einen Tag nach den letzten DFB-Pokalpartien, die WM-Chancen gefährden sollen, weiß wohl nur der Bundestrainer allein. Es ist auch hier ein armseliges Bild, das der deutsche Fußball abgibt, dem Wohltätigkeit offenbar nur dann wichtig ist, wenn sie von ihm selbst organisiert wird und er den entsprechenden Imagegewinn einheimsen kann.“

Ball und Buchstabe

Polizisten einstellen

Innere Sicherheit bei der WM – Joachim Käppner (SZ/Meinungsseite) lehnt den Einsatz der Bundeswehr ab: „Es gibt in der deutschen Armee Spezialeinheiten, die in fernen Ländern geheime und gefährliche Aufträge erledigen: Terroristenjagd in den Bergen Afghanistans, Festnahme serbischer Kriegsverbrecher in ihren Verstecken auf dem Balkan. Die Soldaten haben sich bei den Verbündeten hohes Ansehen erworben. Nur einen Job können die Spezialisten nicht erledigen, für eine solche Mission fehlen Zeit und Leute: ihre eigenen Kasernen zu bewachen. Das übernimmt ein privater Sicherheitsdienst, für den der Steuerzahler aufkommt. Dass sich die Bundeswehr aus Mangel an Männern und Mitteln also selber bewachen lassen muss, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Forderungen von Wolfgang Schäuble, die Soldaten zum Schutz der WM heranzuziehen. Einmal davon abgesehen, dass sich das Land bei der WM (‚Die Welt zu Gast bei Freunden’) eigentlich nicht präsentieren will, als habe die Regierung gerade das Kriegsrecht ausgerufen, ist die Truppe mit den Auslandseinsätzen, milde gesagt, ausgelastet. (…) Wem zum Schutz der WM das Personal fehlt, der muss nicht das Militär als Hilfssheriff rufen. Gegen den Mangel an Polizisten gibt es ein bewährtes Rezept: Polizisten einstellen.“

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