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Interview

Zwei Interviews: Heribert Bruchhagen und Uli Hoeneß

Oliver Fritsch | Mittwoch, 11. Januar 2006 Kommentare deaktiviert für Zwei Interviews: Heribert Bruchhagen und Uli Hoeneß

Zwei bemerkenswerte Interviews: 1. Heribert Bruchhagen behält seinen Mut und verlangt in der FAZ von der DFL, das neue Fernsehgeld nicht nur den Bayern, sondern auch dem Rest aus den zwei Bundesligen, den „Kleinen“ (der „K 35“?), zukommen zu lassen. Bruchhagen sorgt sich um Spannung und Ausgeglichenheit der Liga – eine wahrlich berechtigte Sorge. Den Bayern gefällt das gar nicht, Karl-Heinz Rummenigge, dieser Ehren-Hans, fordert Satisfaktion und, das muss man sich mal vorstellen, eine öffentliche Entschuldigung von Bruchhagen für den harmlosen Satz: „Die Bundesliga wird nur noch vom Gedankengut von Rummenigge getragen, die DFL ist nur Erfüllungsgehilfe für ihn.“ 2. Uli Hoeneß, diese Tugendgans, erteilt in großkoalitionärer Stimmung gönnerhaft seinen Segen: der Nationalmannschaft und der neuen Bundesregierung. Wieder mal ein Beispiel dafür, wie sich ein Fußballkarrierist in der Schublade vergreift.

Für jeden, der hochkommt, muß einer runtergehen

Heribert Bruchhagen im Interview mit Roland Zorn (FAZ)
FAZ: Sehen Sie auf Dauer die Gefahr, daß der Wettbewerb innerhalb der Klassengesellschaft Bundesliga nachhaltig leiden könnte?
Bruchhagen: Früher konnte sich in der Bundesliga auch mal etwas von oben nach unten oder von unten nach oben verschieben. Das ist längst vorbei. Nach drei Spieltagen dieser Saison standen die sieben Kandidaten, die nach unten gehören, schon fest – und die sieben, die nach oben gehören, genauso. Vielleicht ist der HSV in dieser Saison noch ein positiver Zufallstreffer. Doch ansonsten ist die Musik doch längst endgültig gespielt. Der Wettbewerb in der Liga wird zukünftig gegen Null gehen. Ich sage voraus, daß Bayern in den nächsten 20 Jahren sechzehnmal deutscher Meister wird.
FAZ: Welche Chance hat denn Frankfurter Eintracht noch, in den Kreis der Großen, zu denen der Klub früher gehörte, zurückzukehren?
Bruchhagen: Keine mehr. Aber wir haben eine riesige Chance, im Mittelfeld zementiert zu werden.
FAZ: Das sind ja großartige Aussichten für den Fan, dem Sie doch immer wieder neue sportliche Ziele vor Augen halten möchten.
Bruchhagen: Natürlich sind das nicht die schönsten Perspektiven, aber letztlich mußt du wahrhaftig bleiben. Bist du es nicht, werden die Ziele viel zu hoch geschraubt, so daß sie gar nicht mehr zu erfüllen sind. Dann kommt es eben zu acht Trainerentlassungen wie in dieser ersten Halbserie. Da werden Erwartungen gegaukelt, die nicht einzulösen sind. In der Autoindustrie können zyklisch alle Unternehmen ähnlich erfolgreich sein; im Fußball geht das nicht. Da ist die Gesetzmäßigkeit ganz einfach: Für jeden, der hochkommt, muß einer runtergehen.
FAZ: Kein bißchen Konkurrenz mehr also für die Bayern?
Bruchhagen: Es wird immer auch andere Klubs als die Bayern geben, die sich um die deutsche Meisterschaft bemühen und dieses Ziel ausgeben. Haben sie Pech, siehe Borussia Dortmund, holen sie sich dabei den Strick.
FAZ: Warum schafft es Werder Bremen trotzdem, zumindest auf Sichtweite zu den Bayern zu bleiben, ohne die Grenzen des finanziell Vertretbaren zu überschreiten?
Bruchhagen: Weil der Verein in Klaus Allofs einen überragenden sportlichen Manager hat. Wenn die aber mal eine Krise haben sollten, kommen sie aus der auch nicht mehr heraus.
FAZ: Daß drei Klubs mit gerade noch zwölf Punkten das Tabellenende nach der ersten Halbserie bilden, ist unter dem Eindruck der klar definierten Verhältnisse dann wohl auch bezeichnend?
Bruchhagen: Alles ist klar und voraussehbar. Die Kleinen gewinnen nicht mehr gegen die Großen, sieht man mal von dem Kölner Auswärtssieg in Stuttgart ab. Andersherum gewinnt Bayern von 17 Spielen 13. Wo soll da noch ein Wettbewerb sein?
FAZ: Was wäre gegen diese Entwicklung zu tun?
Bruchhagen: Man könnte zum Beispiel die Fernsehgelder anders verteilen. Rummenigge argumentiert immer, daß Juventus Turin im Vergleich zu den Bayern etwa das Zehnfache aus den Erlösen der Serie A bekomme. Er argumentiert aber nicht damit, daß Bayern mit Adidas einen Sondervertrag hat, daß die Bayern Bandenwerbungseinnahmen haben, die Juve nicht hat, daß sie Sponsorengelder bekommen, die Juventus nicht bekommt. All das lassen sie gern unter den Tisch fallen. Von Bayern wird auch so gut wie jedes Pokalspiel im Fernsehen übertragen, wofür es auch wieder Geld gibt. All das unterschlägt Rummenigge bei seiner Betrachtungsweise.

Rummenigge: „Bruchhagen beleidigt die DFL und Bayern” (FAZ)

Wir haben das Jahr 2006 zum Jahr der Kooperation erklärt

Uli Hoeneß im Interview mit Klaus Hoeltzenbein und Philipp Selldorf (SZ)
SZ: Ein Exkurs zu Frau Merkel: Die Bundeskanzlerin arbeitet an blühenden Landschaften. Können Sie helfen?
Hoeneß: Ich habe gelesen, sie sei ein Fußball-Fan und sehe gern den FC Bayern. Da hat sie ja ein wunderbares Beispiel, wie man über vier Jahre diese blühenden Landschaften zusammenbasteln kann. Wir wären gerne bereit, ihr bei einem Abendessen zu erklären, wie wir das hier gemacht haben. Vor allem weil ich ihre bisherige Arbeit sehr schätze.
SZ: Sie sollten Sie zu Ihrem Führungskräfteseminar einladen.
Hoeneß: Noch lieber würde ich mich mit Herrn Müntefering treffen. Der macht mir am meisten Spaß. Das ist so ein Typ mit Haken und Ösen, und er ist mit Herz bei der Sache. Der gefällt mir im Moment von allen Politikern am besten.
SZ: Franz Müntefering hat Ihren Lieblingspolitiker Joschka Fischer abgelöst?
Hoeneß: Nee, Fischer wird immer mein Liebling bleiben. Aber ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich sehe: Müntefering, Steinbrück, der wird ein guter Finanzminister sein – Eichel konnte gar nichts. Wir haben jetzt eine Regierung, die in der Lage sein wird, ihre Chancen zu nutzen. Aus einem katastrophalen Zustand nach der Wahl ist der kleinste gemeinsame Nenner geworden.
SZ: Sie haben doch nicht etwa anders gewählt als sonst? Warum schwärmt der bekennende CSUler für SPD-Personal?
Hoeneß: Der beste Mann am besten Ort. Das müssen wir lernen, dass nicht die Partei entscheidend ist, sondern die Persönlichkeit. Auch Gerhard Schröder ist jetzt am richtigen Platz, ich finde es unmöglich, dass er als Aufsichtsrat bei Gazprom so sehr kritisiert wird. Einfach nur Neidkultur. Mir ist es doch lieber, unseren ehemaligen Kanzler an dieser wichtigen Stelle zu wissen. Dazu nur der alte Spruch aus Österreich: ‚Lass andere Kriege führen – du, glückliches Österreich, heirate! Tu, felix Austria, nube.’
SZ: Im politischen Herbst, kurz nach der Wahl, hatten Sie den Zustand des Landes mit dem der Nationalmannschaft unter Jürgen Klinsmann verglichen – und ihn als katastrophal bezeichnet. Hat sich da ihr Urteil ähnlich gewandelt?
Hoeneß: Ich hab’ beschrieben, was ich sah, und da konnte mir keiner widersprechen, der die Spiele gegen Holland, die Slowakei, die Türkei oder China gesehen hatte. Ich halte nichts davon, den Mantel der Nächstenliebe über alles zu decken.
SZ: Das Gewitter hat gereinigt?
Hoeneß: Ich maße mir jetzt nicht an, dass ich mit meiner Kritik was bewirkt hätte. Jetzt sollten wir Gas geben: Der Bundestrainer hat unsere volle Unterstützung! Wir werden alles einbringen, was der FC Bayern zur Verfügung hat, um Deutschland zu helfen. Und ich hoffe, dass wir gemeinsam Erfolg haben, denn ein Erfolg der Nationalmannschaft färbt auf Bayern München.
SZ: Ist diese Linie mit Felix Magath abgestimmt? Ihr Trainer hat ja oft sehr eigenwillige Kommentare zur Arbeit von Jürgen Klinsmann abgegeben.
Hoeneß: Wir haben das Jahr 2006 zum Jahr der Kooperation erklärt, und nicht der Konfrontation.

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