DFB-Pokal
FC St. Pauli–Werder Bremen 3:1
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| Samstag, 28. Januar 2006Sachzwänge
Andreas Burkert (SZ) kann die Aufregung der Bremer über den Schnee und das Eis auf dem Spielfeld verstehen: „Der Profifußball dieser Epoche spielt auf Plätzen, die sieben Tage die Woche von so genannten Greenkeepern gepflegt und gestreichelt werden; die Wettkämpfe finden quasi unter Laborbedingungen statt, und die heutigen Darsteller sind mit enormer Geschwindigkeit und Athletik unterwegs. Dem Spiel mag ein weiteres Stück Romantik abhanden kommen, doch alpines Ambiente wie jenes vom Millerntor ist schlichtweg abzulehnen, weil es das Verletzungsrisiko potenziert.“ Patrick Krull (Welt) fragt nach der Verantwortung: „Wer trägt die Verantwortung dafür? Der junge Schiedsrichter Brych steht im Mittelpunkt. Doch er ist nur Opfer des Drucks von außen. Die Vermutung liegt nahe, daß ohne Live-Übertragung des Fernsehens diese Partie wohl verlegt worden wäre. Doch Sponsoren und Millionen Zuschauer in deutschen Wohnzimmern sollten nicht enttäuscht werden.“
Michael Horeni (FAZ) nimmt’s, wie’s kommt: „Das ist der Preis, der im Millionenspiel um den Fußball kalkuliert ist, wenn ein ausverkauftes Stadion und eine Live-Übertragung Sachzwänge schaffen, über die aber – zumal im Fernsehen – niemand reden mag. Der eiskalte Abend mit dem Sensationssieger im Schneegestöber illustrierte zudem auch eine die Bundesliga in der Winterpause prägende und spaltende Geldverteilungsdiskussion zwischen Heribert Bruchhagen und seinem empfindlich getroffenen Gegenspieler Karl-Heinz Rummenigge auf ganz eigene Weise: Erst unter weitgehend irregulären äußeren Bedingungen war mal wieder eine große Überraschung in der Fußball-Klassengesellschaft möglich. (…) Doch ungeachtet des immer stärker ausdifferenzierten Kastensystems der Bundesliga mit den Unantastbaren des FC Bayern an der Spitze gab schon das Bremer Vorspiel einen Vorgeschmack auf die Lebendigkeit, die weiter im deutschen Fußball steckt. All die Schlagzeilen und Diskussionen um die Sicherheit in den WM-Stadien oder die WM-Gala, die den strengen Fußballwinter beherrschten, werden an Kraft verlieren, wenn der Fußball nun auf die Zielgerade zur Weltmeisterschaft rollt.“
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Hochgradig stolz
Klaus Hoeltzenbein (SZ) beschreibt den Vorsprung der Bayern gegenüber der Konkurrenz: „Der Gegner mag, wie die Mainzer, die weitaus bessere Idee ins Spiel mitbringen, auf Dauer aber setzen sich Kondition und Wucht der Bayern durch. Keine andere deutsche Mannschaft ist momentan in der Lage, selbst gröbste taktische Irrtümer durch Personalwechsel von der Bank aus korrigieren zu lassen. Erst Strandbadfußball, dann, den Verhältnissen angepasst, ein klassisches Kick-and-rush – für solch radikale Rhythmuswechsel haben die Bayern die passenden Profis. (…) Die Bayern hoffen weiterhin darauf, dass Makaay im Champions-League-Frühling Blüten wirft wie eine Tulpenzwiebel.“ Philipp Selldorf (SZ) lobt die Mainzer: „So arg hat in der Münchner Arena noch kein Team die Bayern in Not versetzt. Jürgen Klopp versucht zwar glaubhaft zu machen, dass die gesamte FSV-Abordnung ‚hochgradig enttäuscht’ sei. Das nahm ihm aber niemand ab. In Wirklichkeit war er hochgradig stolz auf den couragierten Auftritt seiner Elf vor Millionen TV-Zuschauern.“
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