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Internationaler Fußball

Großes Theater

Oliver Fritsch | Montag, 30. Januar 2006 Kommentare deaktiviert für Großes Theater

Köstlich! Christian Eichler (FAS) beschreibt das Drumherum beim Afrika-Cup: „Ein großes Theater. Dieses Theater macht vor allem das Publikum. Ein paar hundert Fans hat jedes Land dabei, die Anführer oft vom Verband bezahlt. Sie tun was fürs Geld: mit Pauken und Trompeten, Masken und Mode. Die leuchtendsten Farben der Welt. Etwa Guinea, das Ampel-Team: Rot, Gelb, Grün. Oder Angola in den Farben der großen Koalition. Sattgrün die Opposition der Nigerianer, deren Blaskapelle stets dieselben zwei Motive variiert – nimmermüde, pro Spiel an die tausendmal. Gegenüber den Fans die andere Seite Afrikas: die Ehrentribüne mit Militärs und Potentaten, die von fern an Idi Amin erinnern. Damit die Kurven dazwischen nicht so leer sind, karrt man Rekruten als Staffage herbei, in bunten Overalls und mit Marschbefehl für La Ola. Auch die Journalisten werden per Bus hinchauffiert, doch leider fand der Fahrer aus Kairo das Stadion in Alexandria nicht. Von Port Said wiederum, wo hinter der Tribüne ein Leuchttürmchen zum Suez-Kanal funzelt, als wär’s eine Lummerland-Kulisse in der Puppenkiste, fuhr der Bus so früh zurück, daß einige Journalisten vergessen wurden. Wo sie blieben, darüber gibt es wilde Geschichten. Ebenso zeigt die technische Ausstattung ein gewisses Gefälle. Verletzte in Kairo werden im Elektrowagen vom Platz gerollt. In Port Said kommt eine Art Sackkarre, die in Heimwerkerarbeit mit Stoff bezogen wurde. Selbst die Trainer tragen zum bunten Bild bei, zur Freak-Show Afrika-Cup – wohl weil sie wissen, daß es ihr erster und letzter Auftritt sein könnte. Die durchschnittliche Haltbarkeit eines afrikanischen Trainers liegt kaum über der eines Tetrapacks H-Milch. Da will man wenigstens bemerkt werden. Angolas Trainer Luis Oliveira Goncalves trägt Glatze und einen silbernglänzenden Zweireiher, wie man ihn seit TV-Detektiv Kojak nicht mehr sah. Guineas Trainer Patrice Neveu schwenkt eine ganze Batterie von dicken Ringen und bunten Armreifen. Südafrikas Trainer Ted Dumitru, der den Job nach zwei Monaten und zwei Niederlagen bald wieder los sein wird, wirkt mit Popstarbrille und grüner Kappe wie der Großonkel von U2-Sänger Bono.“

Christoph Biermann (SZ) notiert den Sturz Südafrikas: „Auf dem langen Abstieg der einst so aussichtsreichen Fußballnation ist ein neuer Tiefpunkt erreicht. 1996 hatte Südafrika im eigenen Land noch den Gewinn der Afrikameisterschaft gefeiert, dem vier Jahre nach dem Ende der Apartheid auch besondere symbolische Bedeutung zukam. Für die neue Regenbogennation siegte eine Mannschaft aus weißen und schwarzen Spielern, die dem Land zeigte, was gemeinsam möglich sein kann. Zwei Jahre später in Burkina Faso erreichte das Team das Finale, unterlag dort jedoch Ägypten. 2000 in Nigeria wurde Südafrika Dritter, doch danach ging es abwärts. 2002 in Mali schied Bafana Bafana – so lautet das Synonym der Elf – schmucklos im Viertelfinale aus und 2004 in Tunesien bereits in der Vorrunde. Damals gewann man zumindest vier Punkte, was in Ägypten nun auch unterboten wird. Auch aus dem Weltfußball hat sich Südafrika verabschiedet.“ Beim 3:1 gegen die Elfenbeinküste bemerkt Eichler (FAZ) das Streben Ägyptens: „Viele Experten hatten ein müdes Unentschieden erwartet, eine Art Nichtangriffspakt nach Art von Gijon 1982. Denn beiden wäre mit einem Remis gedient gewesen. Doch angetrieben von 74.000 lauten Landsleuten im ausverkauften International Stadium, spielten die Ägypter von Beginn an nur auf Sieg. Ägypten hat einiges gutzumachen. Geschichte hat das Land der Pharaonen und der Pyramiden mehr als jedes andere, mit der Gegenwart sieht es schlechter aus – das läßt sich auch auf den Fußball übertragen, zumindest im Vergleich mit den anderen Afrikanern. Schon 1934 waren sie bei einer WM dabei und dominierten früh den seit 1957 ausgespielten Afrika-Cup, den sie viermal gewannen. Doch längst sind sie von Ländern wie Kamerun, Nigeria, sogar Tunesien überholt. Bei einer WM konnte Ägypten noch nie etwas bewegen, für die WM 2006 scheiterte man durch zwei Niederlagen gegen die Elfenbeinküste. Noch schmerzlicher aber war eine andere Niederlage, die gegen Südafrika in der Bewerbung um die WM-Austragung 2010. Nun bleibt die kleine Genugtuung, die Südafrikaner wenigstens sportlich zu distanzieren.“

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