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Schalke 04–Espanyol Barcelona 2:1
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| Freitag, 17. Februar 2006Profilgewinn
Richard Leipold (FAZ) stellt Mirko Slomka und seiner Mannschaft ein gutes Zeugnis aus: „Rechnerisch bietet der Erfolg, der zu niedrig ausfiel, kein solides Fundament für das Rückspiel. So bleibt Verantwortlichen wie Spielern nichts anderes übrig, als sich an den inneren Werten aufzurichten, die das Team auszeichneten. Sie haben sich nicht provozieren lassen – zumindest nicht oft. Wäre es anders gewesen, hätte die Partie aus den Fugen geraten können. (…) Geduld und Gelassenheit zählten zu Vorzügen des FC Schalke: Tugenden, die für eine intakte (Arbeits-)Gemeinschaft sprechen. Zu Beginn der Rückrunde hatten die Schalker zuweilen apathisch gewirkt; es war sogar der Eindruck entstanden, die Spieler leisteten Dienst nach Vorschrift. Slomka hatte sein Personal von diesem Vorwurf mehrmals freigesprochen. Der neue Trainer bewahrt die Ruhe wie ein Routinier – und zeigt Mut. Gegen Espanyol bot er den Nachwuchsspieler Sebastian Boenisch als linken Verteidiger auf, einen Neunzehnjährigen, der drei Tage zuvor seine ersten sieben Minuten in der Bundesliga gekickt hatte. Slomka traut sich etwas, und die Spieler folgen ihm. Falls es auch im Fußball auf die inneren Werte ankommt, ist der Sieg für Slomka höher ausgefallen, als es das Spielergebnis vermuten läßt. Der Trainer gewann in der Hektik des Gefechts an Profil.“
Die großen Nervensägen des europäischen Fußballs
Christoph Biermann (SZ) ärgert sich über den Stil Espanyols: „Welches Jahrzehnt wird Schalke wohl im nächsten Spiel abarbeiten müssen? Werden Sie am Samstag in Berlin noch einmal die Achtziger durchleben, und bedeutet das dann trüben Ergebnisfußball? Oder stürzen sie gar zurück in die dreißiger Jahre, als Schalkes beste Zeit war und der Kreisel alle Gegner vom Platz rotierte? Logisch jedenfalls wäre die Weiterfahrt durch die Vergangenheit, denn nach der Torflut gegen Leverkusen im Stil der Fifties, begegneten den Schalkern gegen Espanyol Barcelona unverhofft die siebziger Jahre wieder. Die Gäste aus Spanien gaben eine Halbzeit lang die ‚typisch südländische Mannschaft‘, wie man damals mit spitzem Mund gesagt hätte. Man hatte das schon lange nicht mehr gesehen, und es rief Bilder von einst wach, als vor allem Italiener und Spanier die großen Nervensägen des europäischen Fußballs waren. Espanyol präsentierte noch einmal das für die Siebziger typische Sortiment von Folterinstrumenten aus permanenten Nickeligkeiten und Provokationen, Spielverzögerungen, Schwalben und sonstigen schauspielerischen Einlagen. Und man merkte, dass diese Werkzeuge auch heute nicht wirkungslos sind, denn die Gastgeber reagierten entnervt. Weil der Schiedsrichter unsicher hantierte, schritt Fabian Ernst Selbstjustiz. Als er per Bodycheck in seinen Gegner flog, hätte der Referee ihn eigentlich vom Platz stellen müssen. Doch das tat er nicht, wie er auch gegenüber Espanyols Manschaftskapitän Lopo gnädig war, der seinerseits Ernst mit einem Schlag maßregelte.“
Hertha BSC Berlin–Rapid Bukarest 0:1
Schleichender Tod
Berlin spielt, und Matthias Wolf (FAZ) wendet sich ab: „Seit Monaten bewegt sich Hertha auf niedrigem Level, Tendenz fallend. Eine erschreckende Zahl von Fehlpässen, dazu offensichtlich Lustlosigkeit und auch Unvermögen – das erzürnte auch die letzten Getreuen. Viele der nur 13.430 Fans hatten die Karten bei einer Werbeaktion bei einem Discounter für 7,77 Euro erworben – selbst dieser Schleuderpreis wirkte jetzt wie Wucher. (…) Falko Götz wird schon lange einer ängstlichen Taktik bezichtigt, weil er meist nur mit einer Spitze agiert. Doch er ist auch Leidtragender der Personalpolitik von Hoeneß, der erst mit Ablösesummen und Gehältern gepraßt hat und nun vor 35,2 Millionen Euro Verbindlichkeiten steht, die keinen Spielraum mehr bei Transfers erlauben. Hertha steht sportlich und wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand.“ Javier Cáceres (SZ) graut es: „Derart vorsätzlich wirkte das 0:1 der Berliner, dass man meinen wollte, die Herthaner wollten sich unbedingt in die Debatte um die Zukunft des zunehmend grauen Westberlins drängen. Bisher war darin nur vom schleichenden Tod anderer Institutionen die Rede gewesen: dem Bahnhof Zoo (degradiert zum Regional-Bahnhof), der Paris-Bar (insolvent), von Café Kranzler und Wellenstein (dicht). Nun ist Herthas Weg in die Graumäusigkeit ein Thema.“ Die Berliner Zeitung friert: „Baut Heizstrahler! Bitte, bitte, liebe Herthaner, habt Mitleid mit den Fans, die immer noch nicht gemerkt haben, dass für sie im Olympiastadion außer einer Erkältung nichts zu holen ist! Vergesst die Energiepreise! Ihr weigert euch, Herzen zu erwärmen. Wärmt wenigstens Füße!“
Duckmäusermentalität
Ralf Köttker (Welt) führt die Berliner Not auf den Machtüberschuss ihres Managers zurück: „Falko Götz ist ein Grund für die sportliche Misere. Aber er ist gleichzeitig auch das Resultat einer Klubhierarchie, die seit Jahren eine Duckmäusermentalität fördert. An der Spitze steht Dieter Hoeneß, der um sich ein System geschaffen hat, das nur wenig Spielraum für Widerspruch zuläßt. (…) Es gab eine Zeit, da brauchte Hertha BSC den starken, alles dominierenden Hoeneß, der Bedenkenträger ignoriert und Kritiker aussortiert, um den maroden Verein zu sanieren. Aber die Zeiten haben sich geändert. Das Unternehmen Hertha braucht moderne Führungsstrukturen. Erst wenn Hoeneß lernt, Verantwortung zu teilen, konstruktive Kritik anzunehmen und mündige Mitarbeiter neben sich zu dulden, kann ein Kollektiv entstehen, daß auch in Krisen stabil ist, weil jeder Verantwortung übernimmt. Und erst dann hat Hertha BSC die Chance, sich zu einer Spitzenmannschaft zu entwickeln.“
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