indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ball und Buchstabe

Gerichtsshow

Oliver Fritsch | Donnerstag, 2. März 2006 Kommentare deaktiviert für Gerichtsshow

Diskussionen über Schiedsrichterentscheidungen im Fernsehen – Christoph Biermann (taz) schildert sein Unbehagen beim Zuschauen und, vor allem, beim Mitmachen: „Es ist unglaublich, welch großen Anteil das Betrachten und nachfolgende Besprechen von Schiedsrichterentscheidungen bei uns einnimmt. Mancher Spielbericht macht den Eindruck, als wäre er nur als Beweismappe für das Amtsgericht des Fußballwesens am heimischen Fernseher zusammengestellt. Nur was um Himmels willen soll dieser Unsinn? Sind Fußballsendungen in diesem Land getarnte Gerichtsshows für Leute, die keine Gerichtsshows gucken (oder für solche, die nicht genug davon bekommen können)? Ist also Reinhold Beckmann die Fußballversion von Richter Alexander Hold und Johannes B. Kerner jene von Richterin Barbara Salesch? Steckt dahinter vielleicht sogar ein revolutionäres Begehr, wo doch das Rechtssystem des Fußballs auf der Unumstößlichkeit der ‚Tatsachenentscheidung‘ beruht, die den richtenden Schiedsrichter in eine Position des Gottgleichen versetzen? Will sich der deutsche Fan dagegen erheben, oder will er sich nur auf die Seite der Mächtigen schlagen und zum Richter auf dem Sofa werden, selbst wenn der Satz ‚Hier sieht man, dass er doch Abseits war‘ falsch bleibt, weil Abseits nur dann ist, wenn der Schiedsrichter pfeift? Und was ist eigentlich falsch mit mir, dass ich irrige Schiedsrichterentscheidungen hinnehme wie einen holprigen Platz und schlechte Bälle?“

Todkrank

Christian Eichler (FAZ) beleuchtet den Korruptionsskandal in Belgien: „Belgischen Fußballfans bietet sich ein Bild des Schreckens. Offenbar wurde ihre Liga von der chinesischen Wettmafia als europäischer Testmarkt auserkoren. Dafür bot die Jupiler League (Titelsponsor: eine Biermarke) mindestens drei gute Voraussetzungen. Erstens ist sie klein und überschaubar, ähnlich wie die in Finnland, in der der Chinese Zheyun Ye in den Klub Allianssi investierte (und sich durch ein 0:8 gegen Haka refinanzierte). Zweitens hat Belgiens Fußball eine Tradition an Bestechungsfällen (so half Standard Lüttich dem Meistertitel 1982 mit Zahlungen an den Klub Waterschei durch Trainer Goethals und Kapitän Gerets nach). Drittens verdienen die Spieler der meisten Klubs so wenig, daß 5.000 bis 10.000 Euro für ein auf die richtige Weise verlorenes Spiel noch einen echten Anreiz darstellen. Zu den 2.000, vielleicht inzwischen 3.000 Euro des Durchschnittsprofis kommen zwar Siegprämien. Doch wer bei so schlechten Klubs spielt wie Lierse und La Louviere, die mit den meisten der mindestens siebzehn verkauften Spiele in Verbindung gebracht werden, erhält kaum Siegprämien. Da haben Verlustprämien ihren Reiz. (…) Bange belgische Fragen: Was für Abgründe wird die Justiz noch finden bei ihren Durchsuchungen, Verhören, Kontenüberprüfungen? Wird sie, wie meist, nur die kleinen Fische fangen, während sich der chinesische Hai längst einen anderen Teich gesucht hat? Wieviel Schaden wird Belgiens Fußball nehmen? Wie werden Fans, Sponsoren, TV-Partner reagieren? Die Zeitung De Morgen fällte ein tristes Urteil. Sie hält den belgischen Fußball für ‚todkrank‘, wirtschaftlich wie sportlich – aber nicht für korrupter als den Fußball in anderen Ländern Europas.“

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BLZ: Immer mehr Oligarchen drängen auf den Fußballmarkt

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