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Bundesliga

Diplomat Götz

Oliver Fritsch | Samstag, 4. März 2006 Kommentare deaktiviert für Diplomat Götz

Matthias Wolf (FAZ) stößt auf Fehler des Berliner Trainers: „Falko Götz kann nur bedingt für die Misere verantwortlich gemacht werden. Götz hat nicht zusammengekauft, was sich so desaströs präsentiert: ein zerstrittenes Ensemble ohne Führungskräfte. Andererseits hat Götz auch viele Fehler gemacht. Wie einst bei 1860 hat er auch in Berlin verkündet, er wolle den Nachwuchs stärken, wurde dann aber mangels prompten Erfolgs bei der Umsetzung seiner Devise sehr schnell ungeduldig. Nando Rafael, der nach Mönchengladbach floh, hat sich über den fehlenden Rückhalt bitter beklagt. Torben Marx auch, dem im Winter ein Wechsel nahegelegt wurde. Er werde unter ihm kaum noch die Chance haben zu spielen, hat Götz gesagt – und in der Personalnot dann doch die Rolle rückwärts gemacht. Der Schlingerkurs hat Symbolwert: Götz fehlt es an Mut, konsequent zu sein. Statt sich noch in stärkerem Maße bei der Amateurmannschaft Personal zu holen, wie den Routinier Andreas Schmidt, der auf Anhieb zu den Besten gehört, ließ er zu, daß ein überforderter Profi wie Alexander Madlung (der im Straßenverkehr 300 Knöllchen kassiert hat) durch drei Platzverweise binnen 22 Tagen den Eindruck verstärkt, Hertha sei ein Haufen ohne Disziplin. Er hat sich nie gegen die Transferpolitik gewehrt, obwohl die Schwächen im Kader, vor allem im Sturm, unübersehbar waren. Und es gilt als sicher, daß er sich von Hoeneß auch die Aufstellung diktieren läßt. Andererseits ist der Diplomat Götz von seinem Naturell her kein Krisenmanager oder Wachrüttler. Zuletzt hat er Niederlagen schöngeredet: ‚Die Mannschaft hat sich bemüht‘, sagte er oft. Er läuft Gefahr, daß dieses im Zeugnisdeutsch vernichtende Urteil demnächst auch in seinen Entlassungspapieren auftaucht.“ Sven Goldmann (Tsp/Seite 3) verfasst eine Reportage zur Berliner Krise: „Einer der Kiebitze, die den Profis seit Jahren beim Üben zuschauen, erzählt von einem Zwischenfall aus dem vergangenen Jahr: Ein junger Fußballspieler sei vorgefahren. Vor der Kabine habe er den schweren Wagen abgestellt und einem Ordner, gut doppelt so alt wie er, die Schlüssel in die Hand gedrückt. Der Ordner sei dann zum Tanken gefahren und habe später noch die Felgen geputzt, gerade noch rechtzeitig, bis der junge Herr Fußballspieler vom Training zurückkehrte, frisch geduscht und gegelt, versteht sich. Da ist dem Kiebitz aufgegangen, dass etwas nicht stimmt im Unternehmen Hertha BSC.“

Die Bundesliga ist nicht Europa

Die Tore machen ihn so begehrt; Elisabeth Schlammerl (FAZ) erklärt die Attraktivität Michael Ballacks: „Die Trefferquote ist es in erster Linie, weshalb Ballack einen hohen Stellenwert in Europa genießt. Denn seine Qualitäten als Spielgestalter mit der zusätzlichen Empfehlung defensiver Mittelfeldklasse sind eher umstritten, da gibt es andere, mindestens genauso gute Profis wie zum Beispiel Lampard oder Gerrard. In Beckers Anwaltskanzlei haben sich zwar in den vergangenen Monaten die Angebote nicht gerade gestapelt, aber das liegt am eher zögerlichen Transferverhalten der europäischen Spitzenklubs während der laufenden Saison. Ballack gilt zu Recht als torgefährlichster Mittelfeldspieler. In der Bundesliga hat er sich in den vergangenen Wochen mit guten Leistungen um einen Job im Ausland beworben. Aber die Bundesliga ist nicht Europa. In Europa ist Ballack zuletzt einiges schuldig geblieben. Er hat gegen den AC Mailand zwar den Führungstreffer erzielt, es dann aber nicht geschafft, seine Mannschaft in der zweiten Halbzeit aus der Lethargie zu reißen. Es ist ihm auch nicht gelungen, beim desaströsen Auftritt der deutschen Nationalmannschaft zumindest ein paar Akzente zu setzen.“ Sven Goldmann (Tsp) ergänzt: „Aus sportlicher Sicht wäre ein Wechsel nach London eine richtige Entscheidung. Warum wohl weigert sich Robert Huth hartnäckig, den Verein zu verlassen, obwohl er im günstigsten Fall auf der Bank sitzt und damit seine WM-Teilnahme gefährdet? Huth sagt, er lerne beim FC Chelsea im Training mehr denn irgendwo anders als Stammspieler. Das liegt zum einen am exzellent besetzten Kader, zum anderen am Trainer. José Mourinho mag affektiert und arrogant wirken, sein Können ist unumstritten. Ballack kann sich in Chelsea weiterentwickeln. Davon wird auch der deutsche Fußball profitieren, in Gestalt der Nationalmannschaft. Wie nötig die es hat, war am Mittwoch deutlich zu sehen.“ Hat Mourinho eigentlich das Spiel am Mittwoch gesehen? „Alle wollen Ballack, aber man sieht ihn nicht“, hat die Gazetta dello Sport geschrieben.

FR-Interview mit Uli Hoeneß

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