Ball und Buchstabe
Begriffen
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| Montag, 6. März 2006Fußballwahnsinn – drei Politiker lassen sich von der Bild-Zeitung in den Wald locken und wollen Jürgen Klinsmann zum Rapport ins Parlament bestellen; Oskar Beck (Welt) faßt sich an den Kopf: „Falls sich hinter dem Vorstoß des Sportausschuß-Trios nur die Einsamkeit von Hinterbänklern verbirgt, die schon immer mal in der Bild-Zeitung die deutsche Mannschaft aufstellen wollten, wäre alles halb so schlimm – doch wir fürchten, daß im Windschatten dessen ein bedenklicher Trend galoppiert: Fußball ist unser Leben. Tragen wir statt eines Kopfes langsam einen Ball auf dem Hals? Mit großem Erfolg haben wir dieses fragwürdige Privileg früher noch den anderen überlassen und aus der Ferne belustigt verfolgt, wie exotische Völker ihre WM-Niederlagen nicht mit ihrem Nationalstolz in Einklang brachten und den Trainer in Form symbolischer Strohpuppen mit Benzin übergossen und anzündeten. Wir haben auch fassungslos den Kopf geschüttelt, wenn durch das Scheinwerferlicht der WM die Hurrapatrioten angezogen wurden und El Salvador und Honduras ein WM-Qualifikationsspiel in den Schützengräben fortsetzten. Wir Deutschen waren da grundlegend anders: ganz kühler Kopf. Der Fußball war unsere schönste Nebensache der Welt. Heute aber wollen wir, wie nie zuvor, Weltmeister werden – als Letzte haben wir begriffen, daß es auf dieser Gefühlswelt nichts Wichtigeres gibt als den Fußball.“
In dubio goleo
Christof Kneer (SZ) ergänzt: „Man muss der Politik danken, dass sie sich endlich des Fußballs annimmt. Der Sportausschuss in Berlin ist ein herrliches Instrument, und man darf gar nicht darüber nachdenken, was man mit ihm früher alles hätte verhindern können. Man hätte Völler wegen seiner Frisur verhören können oder Ribbeck wegen der Nominierung des 40-jährigen Matthäus (Matthäus selbst hätte man lieber nicht verhört, so viel Zeit hat ja kein Ausschuss). Auch hätte man unterbinden können, dass Möller die Schwalbe erfindet und weiterverbreitet, womit womöglich auch die Vogelgrippe niemals ausgebrochen wäre. Auch dieser 24. Spieltag hat jetzt akuten Handlungsbedarf ergeben; so wäre der Spieler Wörns vorzuladen, wegen verbotswidrig guten Offensivspiels (das geht nicht, er ist ein altmodischer Verteidiger!); und erscheinen müsste auch ganz Hertha BSC, die haben es eh nicht weit. Wünschenswert wären harte, aber faire Urteile: in dubio goleo.“
Schlechtes Kabarett
Das Streiflicht (SZ) hat anscheinend die VW-Werbung mit dem nervtötenden Jörg Dahlmann gesehen: „In der Rangliste der peinlichsten Redensarten liegt der Spruch ‚Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt‘ relativ weit vorne. Zum Glück wird er nur noch benutzt von einer immer kleiner werdenden Gruppe von Menschen, die auch nicht davor zurückschrecken, bei jeder sich bietenden Gelegenheit ‚Herein, wenn’s kein Schneider ist‘ zu rufen, oder, noch schlimmer: ‚Da brat mir doch einer ’nen Storch‘. Diese Floskeln klingen nach schlechtem Kabarett oder nach Büttenreden und ein klein wenig auch nach Peter Neururer.“
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