Internationaler Fußball
Gesichtswahrung all‘italiana
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| Dienstag, 14. März 2006Peter Hartmann (NZZ) beschreibt das 0:0 zwischen Juventus und Milan: „Nach der glorreichen Festwoche gegen die Deutschen kehrte der italienische Alltag ein: Das Gipfeltreffen der höchstdekorierten Klubs der Serie A zwischen Juventus Turin (28 Meistertitel) und der AC Milan (17) nahm den Verlauf einer Flachetappe: einige Scharmützel in der ersten Hälfte, dann über weite Strecken Waffenstillstand und am Ende keine Änderung im Gesamtklassement. Die Szenen dieser klassischen Gesichtswahrung all‘italiana enttäuschten weltweit ein Publikum von 200 angeschlossenen Sendern und die kaum 40.000, die zwischen 50 und 250 Euro Eintrittsgeld bezahlt hatten. Beendet war das Spiel eigentlich schon nach 68 Minuten, nachdem der böse Bube Gattuso wegen einer überflüssigen Grätsche an Nedved mit dem gelb-roten Kartenblatt vom Platz geschickt worden war und Milan die Angriffe eingestellt hatte. Inzaghi, der die Bayern fast allein aus der Champions League geschossen hatte, riss als Spuren seiner verschwendeten Energie Fetzen aus dem Belag und wirbelte seltsame Sandwolken auf. Die Stadien werden immer pompöser und perfekter (zwar nicht dieses, das Delle Alpi, dieser Kühlschrank, der demnächst abgerissen wird), aber an die Gladiatoren, ans eigentliche Schauspiel und seine Voraussetzungen denkt niemand. Stamford Bridge: eine zertrampelte Schafweide. Münchner Allianz-Arena: ein Gelenke verschlingender Acker. San Siro: ein Spiele tötender Fallenteppich. Turin: holprige Steppe. Das Problem ist alarmierend, der Kunstrasen überfällig.“