Ball und Buchstabe
High-Risk-Journalismus
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| Montag, 20. März 2006Stefan Niggemeier (FAS/Medien) zieht die tz für ihren Sensationsjournalismus in Sachen Schweinsteiger am Ohr: „Das scheint ein lustiger Haufen zu sein, die Jungs von der Münchner Boulevardzeitung tz, die gerade bundesweite Berühmtheit erlangte, weil sie Bastian Schweinsteiger und zwei Kollegen mal eben schlagzeilengroß zu Beschuldigten in einem Wettskandal machte. Ihr Chefredakteur heißt Karl Schermann, und wenn man seine Erwiderung ‚In eigener Sache‘ liest, muß man annehmen, daß ihm die deutsche Sprache die Freundschaft vor langer Zeit gekündigt hat. Er schreibt, in den ersten tz-Bericht hätten sich zwei Fehler ‚eingeschlichen‘ – dabei bildeten sie dessen Kern und stampften breitbeinig bis in die Schlagzeile. Er schreibt: ‚Keine Gerüchte, kein Hörensagen – es sind Fakten‘, doch die einzige Tatsachenbehauptung, die die tz anscheinend noch aufrechterhält, ist die, daß die Namen der drei Spieler ‚immer wieder fallen‘. Wer sie dauernd fallenläßt und wohin genau, das läßt Schermann offen und schreibt statt dessen: ‚Abwarten, was passiert!‘ Hey, Herr Schermann, genau! Und hinterher drüber schreiben. ‚Daß Journalisten mit Informanten zusammenarbeiten, ist nicht nur üblich, sondern seriös‘, schreibt Schermann – und man staunt über den sprachlichen und logischen Kurzschluß, der da passiert ist, und fragt sich, ob dieser Mann anderer Leute Texte redigieren darf. Er schließt mit dem Versprechen, daß die tz über eine eventuelle Entlastung der von ihr Beschuldigten ‚groß‘ berichten werde: ‚Im Rahmen eines offenen Journalismus.‘ Das ist so gut, daß ein geflügeltes Wort daraus werden könnte: Oh Gott, gestern habe ich geträumt, mein Journalismus war schon wieder offen!“ Stefan Osterhaus (NZZaS) vergißt den Urheber nicht: „In den Diskussionen um das riskante Vorgehen der Zeitung ist die nicht minder zwielichtige Rolle des ARD-Magazins Plusminus beinahe schon in Vergessenheit geraten. Plusminus hatte die Spekulationen ins Rollen gebracht, indem es von einem beteiligten deutschen Internationalen berichtete, ohne dessen Namen zu nennen. Daraufhin begann in Deutschlands Redaktionsstuben das Rätselraten, und binnen weniger Tage wurde in den Konferenzen bald die gesamte Nationalelf durchexerziert. Der Beitrag von Plusminus, ein Musterfall des ‚High-Risk-Journalismus‘, entpuppte sich so als passable Steilvorlage für eine Rufmordkampagne.“
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