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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Deutsche Elf

Kein Krisenmoderator

Oliver Fritsch | Dienstag, 21. März 2006 Kommentare deaktiviert für Kein Krisenmoderator

Andreas Lesch (FTD) beschreibt die Brisanz des morgigen Spiels: „Für die USA mag das ein x-beliebiger Kick sein, für Klinsmann ist es das unfreundlichste Freundschaftsspiel der Welt. Es ist die letzte Prüfung vor der unmittelbaren WM-Vorbereitung, es wird nachwirken bis Mitte Mai. Sollte Klinsmanns Team sich ein weiteres Mal blamieren, dann wird die ohnehin hitzige Bundestrainerdebatte endgültig eskalieren. Dann werden sämtliche Gurus aus ihren Löchern krabbeln und einen erfahreneren Coach fordern. Dann werden die Kandidaten für eine feindliche Amtsübernahme vor der WM präsentiert werden: Ottmar Hitzfeld, Otto Rehhagel, Christoph Daum. Kaum absehbar ist, was in einer derartigen Hysterie dann passiert. Klar scheint immerhin: Klinsmann wird die Situation kaum entschärfen. Sein Auftritt bei der Pressekonferenz hat das wieder gezeigt: Er ist kein Krisenmoderator, er ist kein Deeskalationsstratege. Sogar wenn er, der ewige Angreifer, einmal besänftigen will, wirkt er oft doch aggressiv. Klinsmann reagiert mittlerweile mehr, als zu agieren.“

Freundlichkeit mit Zwischentönen

Christof Kneer (SZ) ergänzt, in Klinsmanns Gesicht blickend: „Man darf davon ausgehen, dass es sich paradoxerweise gegen Klinsmanns Wahlheimat um eines der wichtigsten Testspiele seit Erfindung der Nationalhymne handelt. Nach den Zuspitzungen der letzten Wochen ist aus diesem Match eine Art Klinsmann-Spiel geworden – abgesehen von den Neururers im Land versucht die Liga, weitgehend still zu halten, aber welche Debatten im Misserfolgsfall losbrechen, lässt sich ahnen. Sollte die DFB-Elf zu Hause gegen eine B-Elf der Amerikaner patzen, müsste zumindest eine extrem lange Krisenstrecke bis zur WM-Vorbereitung moderiert werden – und man darf ruhig sagen, dass Moderation nicht zu den bevorzugten Stärken des radikal konsequenten Bundestrainers gehört. Wer Klinsmann über die letzten 20 Monate verfolgte, hat schon merken können, dass ihm die Bedeutung dieses Spiels bewusst ist. Er ist freundlich gewesen am Montag, aber es war eine Freundlichkeit mit Zwischentönen. Klinsmann versucht sich an dem Spagat, der Öffentlichkeit entgegenzukommen und dabei doch Klinsmann zu sein. Er weiß, dass seine Mannschaft in Wörnsland spielt, er weiß, dass er sich ein feindliches Stadion nicht leisten kann. Also versucht er sich an ein paar freundlichen Gesten, wozu wohl auch die Nominierung von Sebastian Kehl gehört.“

In Christian Wörns den Heilsbringer zu sehen, kann ich nicht nachvollziehen

Oliver Bierhoff im Interview mit Ralf Köttker und Lars Gartenschhläger (Welt)
Welt: Gibt es in unserem Land die Tendenz zur Miesmacherei?
Bierhoff: Wir haben ein riesiges Turnier, und ich habe das Gefühl, daß es eine Tendenz gibt, eher negative Themen zu diskutieren. Das ist gefährlich, weil wir damit unser Image im Ausland kaputtmachen. Wir sollten nicht kritiklos sein, aber das positive Denken nicht verlieren und bedenken, wie solche Dinge in anderen Ländern aufgenommen werden können.
Welt: Sie probieren, mit öffentlichem Training und Trikotgeschenken in Dortmund die Stimmung zu beeinflussen.
Bierhoff: Wir haben uns immer mit diesem Thema beschäftigt, aber letztlich entscheidet die sportliche Leistung. Gerade beim Dortmunder Publikum kann man sich nichts erkaufen. Das sollte auch generell nicht das Ziel sein, sonst muß man sich bald überall dafür rechtfertigen, warum der eine oder andere Spieler nicht berufen wurde – wie jetzt Christian Wörns. Da habe ich mich sowieso gewundert.
Welt: Worüber?
Bierhoff: Es gibt Medien, die echauffieren sich über Spieler, die sich zuviel herausnehmen. Und dann kommt ein Spieler, der an die Presse geht, ohne vorher mit dem Trainer zu sprechen, und versucht, mit öffentlichen Aussagen Politik zu machen. Ich bin davon ausgegangen, daß ein Spieler in seinem Alter anders reagiert. Und überhaupt: Christian hat auch zum Beispiel in Holland mitgespielt, als es nicht gut lief. Jetzt in ihm den Heilsbringer zu sehen, kann ich nicht nachvollziehen.
Welt: Auf jeden Fall hat seine Nichtnominierung die Stimmung gegen Klinsmann verstärkt.
Bierhoff: Vor einer WM spielen alle ein bißchen verrückt, und es wird nicht mehr differenziert. Die emotionale Kritik über sein Fehlen beim WM-Workshop hat nichts mit den Leistungen der Mannschaft zu tun. Aber dieser Punkt wurde einfach genutzt, um auch Kritik an Klinsmann als Trainer zu üben.
Welt: Die Spieler sind kaum kritisiert worden. Ist es gut, immer die schützende Hand über die Mannschaft zu halten?
Bierhoff: Weil es noch eine junge Mannschaft ist, muß man sie schützen. Kritik wird intern geübt.

Neue Initialzündung

Christoph Metzelder im Interview mit der Stuttgarter Zeitung: „Beim Confederations Cup hat die Mannschaft eine Initialzündung gegeben, danach hatte man ein wenig das Gefühl, dass die Elf davon lebt, aber sportlich nicht mehr Schritt halten kann. An diesem Punkt sind wir jetzt. Deshalb muss aus der Mannschaft heraus eine neue Initialzündung kommen. Wir haben den Anspruch, um den Titel mitzuspielen. (…) Die Diskussionen um Wohnort, Philosophie und Personalien werden weitergehen. Das ist bei jeder großen Fußballnation vor der WM im eigenen Land so. Natürlich hat Jürgen Klinsmann auch Dinge angestoßen, die im deutschen Fußball und beim DFB nicht gerne gesehen wurden. Er ist schon unbequem und holt auch Leute von außen. In einer Sportart, die eine gewisse Arroganz besitzt und ein bisschen im eigenen Saft schmort, sorgt man da für Angriffsflächen. Dabei habe ich selbst bei meiner Verletzung gesehen, wie hilfreich es sein kann, neue Wege zu gehen.“

ndr.de: über die Hintergründe der Bild-Kampagne gegen Klinsmann

FAS: Amerikas Fußball unter Bruce Arena – gute Resultate statt guter Unterhaltung

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