Bundesliga
Bayern München–Schalke 04 3:0
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| Dienstag, 21. März 2006Nicht ganz jugendfrei
Klaus Hoeltzenbein (SZ) schildert eine Art Prügelei: „Versprochen worden war doch eigentlich ein Spitzenspiel, Erster gegen Dritter, aber losgegangen war es wie beim Power-Wrestling. Auch dort, bei dieser amerikanischen Variante des Ringens, ist es für den Laien ja nicht so leicht festzustellen, ob es sich nun um Spaß oder Ernst handelt, wer der Gute, wer der Böse ist. Beispielsweise in jener Power-Szene kurz nach Anpfiff, als sich Bayern-Torwart Kahn in den Laufweg von Schalke-Dampframme Asamoah geworfen hatte, und beide blitzschnell begriffen, dass ein Elfmeter möglich war. Der eine (Asamoah) setzte also zu einer kunstvollen Hechtrolle à la Gene Snitsky an, der andere (Kahn) krümmte sich BigShow-gemäß vor Schmerz und hielt sich den Kopf. Elfmeter für Schalke? Freistoß für Bayern? Beides wäre auch nach Prüfung der tausendsten Zeitlupe richtig, beides wäre falsch gewesen, Schiedsrichter Lutz Wagner ließ einfach weiter spielen, und das war eine weise Entscheidung – es sollte ja zunächst so weitergehen in dieser Parodie eines Fußballabends (…) Anfangs hatte es so ausgesehen, als seien beide Mannschaften mit Ochsenblut gedopt, sie senkten die Häupter und stürmten aufeinander los. Imponiergehabe ohne Ball – Wrestling eben. Dort aber wird vorher bestimmt, wer den Kampf zu gewinnen hat. Gegen einen solchen Eindruck haben sich beim Hardcore-Fußball alle erfolgreich gewehrt, nur hatten die Bayern in Darstellern wie Hargreaves, Demichelis oder Pizarro die wild entschlosseneren Kräfte. Das rettet ihre Ehre, so ganz jugendfrei war’s trotzdem nicht.“ Elisabeth Schlammerl (FAZ) hält die Luft an: „Die Partie war nicht geprägt von hochklassigen Spielzügen oder technischen Feinheiten. Beide Mannschaften wurden lange Zeit nur durch ruppiges Auftreten, Rudelbildung und Diskussionen mit dem Schiedsrichter auffällig. Jürgen Klinsmann wird es auf der Tribüne vermutlich angst und bange geworden sein, als sich seine Nationalspieler abwechselnd mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Rasen wälzten. Die Münchner haben mit der rustikalen Spielweise von Anfang an ein Zeichen gesetzt, denn ihnen war in den vergangenen Wochen mangelnder Kampfgeist vorgeworfen worden.“
Umbau
Philipp Köster (SpOn) befaßt sich mit der Bedeutung des Bayern-Siegs: „Nun wird sich die Lage beim FC Bayern ein wenig entspannen. Routiniert wird sich die Mannschaft den Meistertitel sichern und den DFB-Pokal dazu. Das wird zwar keine überschäumende Freude auslösen, dafür gehören die nationalen Titel schon zu sehr zur Routine. Aber die gewonnenen Pokale werden den Verantwortlichen die nötige Ruhe für den dringend nötigen Umbau geben. Denn es ist ja bereits seit dem deprimierenden Aus in der Champions League klar: Die Mannschaft hat in ihrer gegenwärtigen Struktur keine Zukunft. Sie wurde allzu lange überschätzt, die souveräne erste Halbserie in der Bundesliga war vorschnell als Ausweis auch internationaler Klasse gedeutet worden. Dabei fehlt ihr eine belastbare Architektur und Hierarchie, die individuellen Fähigkeiten der Spieler fügen sich nur in lichten Momenten zu einem Team, das mehr sein kann als nur nationaler Champion. Ein Vorwurf, der sich vor allem an Michael Ballack richtet.“
Hertha BSC Berlin–Arminia Bielefeld 1:0
Rumoren
Spiel gewonnen, aber nicht die ungeteilte Zustimmung der Fans – Matthias Wolf (FAZ) berichtet: „Während Spieler und Trainer unterstützt wurden wie lange nicht, prasselten auf den Manager ebenso laut wieder einmal die ‚Hoeneß-raus‘-Rufe nieder. ‚Ihr könnt alles zensieren – unsere Stimme nicht‘, prangte es auf einem überdimensionalen Plakat. Eine Anspielung darauf, daß der Verein jüngst das Fanforum auf seiner Homepage abgeschaltet hat, wegen angeblicher Stimmungsmache vor allem gegen Hoeneß. Dreiundzwanzig Protestplakate wollten Fans im Stadion zeigen, nur drei genehmigte die Führung des Vereins. Es rumort weiter an der Basis, trotz aller Bemühungen von Hoeneß um Ruhe. Sprecher der Fans betonen, daß ihre Kritik kein Ergebnis sportlicher Ergebnisse sei, sondern anderer nackter Zahlen. Hertha plagen 35,2 Millionen Euro Verbindlichkeiten, da macht sich mancher Gedanken, wohin der Weg führen könnte.“ Ingo Schmidt-Tychsen (Tsp) hält die Aussagen der Vereinsoffiziellen denen der Fans gegenüber: „Wie viele Fans an der Hoeneß-Kritik beteiligt sind, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. Von einigen wenigen sprachen Hoeneß und der Aufsichtsratvorsitzende Rupert Scholz kürzlich. Diese seien ‚keine Herthaner‘. Bernd Küster, einer von drei Fan-Beiräten, sieht es genau umgekehrt: Er räumt ein, ‚dass wir gespalten sind. Aber die Fans, die sich wirklich mit dem Verein auseinander setzen und immer dabei sind, die sind beinahe ausschließlich kritisch.‘“
Kumpanei-Prinzip
Frank Hellmann (FR) malt den langen Schatten Reiner Calmunds in Leverkusen: „So akribisch und aufrichtig der damalige Finanzfachmann Holzhäuser in der Ägide Calmund gewerkelt hat: Richtig akzeptiert war der bärtige [?] Diplom-Betriebswirt im Klub nie. Nicht bei den Spielern, nicht bei Teambetreuer Hans-Peter Lehnhoff, nicht bei Co-Trainer Ulf Kirsten, nicht bei Pressechef Ulrich Dost. Und erst recht nicht bei Sportchef Rudi Völler, der die Eskalation im Fall Calmund als ‚traurige Geschichte‘ bezeichnet. Sie alle gelten bis heute als mehr oder minder treue Freunde des Ex-Managers, für den Kumpanei ein gängiges Prinzip der Geschäftspolitik war. Wer dem ‚Mann mit dem Koffer‘ brav zur Seite stand, wurde gut behandelt. Im Grunde hat Bayer Leverkusen diese Strukturen Calmund’schen Wirkens bis heute nicht aufgearbeitet. (…) Die Galionsfigur Völler noch zu verlieren, kann sich Bayer nicht leisten. Auch Holzhäuser nicht. Die Fan-Gemeinschaft hat trotz der vertrackten Gemengelage längst abgestimmt: pro Calmund, kontra Holzhäuser.“