Deutsche Elf
D i e Klinsmann-Entscheidung an sich
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| Sonntag, 2. April 2006Wolfram Eilenberger (TspaS) errechnet den Distinktionsgewinn für Jürgen Klinsmann, wenn er sich gegen Oliver Kahn entscheidet: „Vermutlich wird man es Klinsmann eines Tages als eigentlichen Geniestreich seiner Amtszeit auslegen, die Republik gut zwei Monate mit einer Kontroverse beschäftigt zu haben, deren einziger Sinn und Zweck darin besteht, von den eigentlichen Fragen abzulenken. Problemen wie: Wer spielt eigentlich in der Abwehr? Wer im Mittelfeld? Wer im Sturm? (…) Wer sich anlässlich der deutschen Torwartfrage in detailgenaue Leistungsabwägungen verspinnt, läuft damit direkt in Klinsmanns perfekt inszenierte Ablenkungsfalle. Vielmehr gilt es sich zu vergegenwärtigen, welchen Attraktionswert eine mannigfach angreifbare, kontraintuitive, überraschende und vor allem medientechnisch denkbar riskante Personalentscheidung auf eine Ausreißer-Psyche wie die von Jürgen Klinsmann ausübt. Dann wird unzweifelhaft klar, dass an Jens Lehmann als Deutschlands neuer Nummer 1 kein Weg mehr vorbeiführt. Eine Entscheidung gegen Oliver Kahn, das bedeutet in Deutschland: gegen die Bild-Zeitung, gegen Franz Beckenbauer, gegen den FC Bayern, gegen das Votum von Kapitän Michael Ballack, gegen die Klientel der Traditionsfans, gegen die öffentliche Erwartung im In- und Ausland und gegen die Fans im Münchner Eröffnungsspiel. Mehr Feinde lassen sich mit einer Aktion nicht schaffen, es ist die Klinsmann-Entscheidung an sich. Und es ist eine Entscheidung, die Reformheld Klinsmann eine letzte und entscheidende Profilschärfung verleiht. Die Wahl pro Lehmann suggeriert Mut, höchste Souveränität und totale Unabhängigkeit. Sportlich ist sie ohne erkennbares Risiko, und die weitere berufliche Zukunft des Trainers, so denn angestrebt, hängt ohnehin nur vom Ausgang des Turniers und also anderen ungelösten Problemen ab, insbesondere von solchen in der Abwehr, im Mittelfeld und im Sturm.“
Am Montag mehr zur Torwartfrage …
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