Am Grünen Tisch
Für mich existiert die G14 nicht
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| Sonntag, 2. April 2006Lennart Johansson im Interview mit Markus Lotter (WamS)
WamS: Sepp Blatter greift gegenüber der G14 immer wieder zu martialischen Ausdrücken, spricht von Krieg. Erscheint Ihnen das nicht etwas übertrieben?
Johansson: Nein. Auch ich spreche von Kampf. Wir haben total unterschiedliche Philosophien, und es ist ein Kampf der Philosophien. Wir sehen den Fußball immer noch als Sport, sie, die Mitglieder der G14, sehen Fußball nur noch als Geschäft.
WamS: Sie schließen also einen Dialog mit der G14 aus?
Johansson: Für mich existiert die G14 gar nicht. Es ist eine Selfmade-Gruppe. Niemand hat sie gewählt. Sie haben sich zusammengeschlossen und vertreten ausschließlich ihre Interessen. Sie fordern 860 Millionen an Entschädigungen von der Fifa und Uefa rückwirkend für die vergangenen zehn Jahre. Aber vor zehn Jahren haben sie noch die Regeln akzeptiert. Sie wollen an das Geld ran, das wir in das Projekt ‚Grass roots‘ stecken, also in die Entwicklung und in die Zukunft des Fußballs. Manchmal vergessen einige, daß 96 Prozent aller Fußballer Amateure sind. Und auch, daß die meisten Stars aus kleinen Vereinen stammen. Sie ignorieren die Kleinen, und sogar die Vereine, die nicht in ihrer Gruppierung dabei sind.
WamS: War es notwendig, der G14 mit einer Resolution und dem Ausschluß aus der Fußball-Familie zu drohen?
Johansson: Sie haben uns keine andere Wahl gelassen. Sie haben die Öffentlichkeit gesucht und ihre Forderungen publik gemacht. Ich habe es mit Diplomatie versucht. Aber jetzt war der Punkt für mich gekommen, aufzustehen und zu reagieren.
WamS: Aber nicht alle europäischen Verbände sind Ihrem Aufruf zur Solidarität gefolgt. Können Sie nachvollziehen, warum Ihre deutschen Freunde die Resolution ablehnen?
Johansson: Ich weiß nicht, was in Deutschland los ist. Ich kann es nicht verstehen. Es ist noch nie passiert, daß sie ausgeschert sind. Ich bin natürlich sehr, sehr enttäuscht von ihnen. Es ist aber nicht der Verband, es ist die Liga. Ich weiß, daß es um die finanzielle Situation einiger deutscher Vereine nicht gut bestellt ist. Vielleicht ist das der Grund für ihr Handeln. Und vielleicht treibt sie auch die Angst, international nicht mehr konkurrenzfähig sein zu können. Aber wir können nicht die Probleme einzelner Länder lösen.
WamS: Was ging in Ihnen vor, als Sepp Blatter beim Uefa-Kongreß zum Bruderkuß ansetzte?
Johansson: Es war eine Demonstration und ein Zeichen, daß die Fifa und die Uefa bereit sind, gemeinsam die Werte des Fußballs zu verteidigen. Wir sind nach über 30 Jahren öfter einer Meinung, als die meisten annehmen.
WamS: Anscheinend auch im Fall Jack Warner. Er wurde von der Fifa einstimmig, also auch von Ihnen als Mitglied des Exekutivkomitees, entlastet, obwohl er sich am Verkauf von WM-Tickets persönlich bereichert haben soll.
Johansson: Man kann doch keinen Menschen verurteilen, wenn es nur eine Menge Gerüchte gibt. Niemand von denen, die die Gerüchte gestreut haben, haben Beweise angeführt, daß er tatsächlich gegen Gesetze verstoßen hat.
WamS: Sie sind Chef des Fifa-WM-Organisationskomitees. Läuft alles so, wie Sie sich das wünschen?
Johansson: Nein, ich bin mit dem Ticketing nicht zufrieden. Sie haben es auf die deutsche Art gemacht. Das System ist zu kompliziert. Und es gibt viele, die darunter leiden.
WamS: Sollte in Zukunft die Fifa wieder das Ticketing übernehmen?
Johansson: Ich denke, ja. (…)
WamS: Sie deuteten Franz Beckenbauers Fernbleiben beim Uefa-Kongreß als klares Zeichen für mangelnde Bereitschaft.
Johansson: Franz Beckenbauer ist mein Freund. Und er ist wirklich sehr mit der Weltmeisterschaft beschäftigt. Ob er tatsächlich bereit ist, Uefa-Präsident zu werden, weiß ich nicht. Momentan sieht es nicht danach aus.
NZZaS: Der belgische Fussballklub Sporting de Charleroi will die Fifa in die Knie zwingen