Champions League
Monopolisierung des Balles
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| Mittwoch, 19. April 2006Die NZZ zerwirkt Barcelonas 1:0-Sieg in Mailand: „Wie so oft, wenn Auspizien vor einem wichtigen Fussballmatch hoch gestimmt klingen, sieht die Wirklichkeit etwas nüchterner aus. Das grosse Spektakel kam nicht zustande. Aber immerhin ein schnelles, erst vorsichtig, später ambitionierter geführtes Spiel, in dem die Italiener fast eine Stunde lang wirkungsvoller und bestimmend zur Geltung kamen, die Katalanen jedoch nach der eher überraschenden Führung seigneuralen Stil annahmen und sich zu einem abermals bemerkenswerten Gesamteindruck steigerten. Je näher Finals im wichtigsten Jahreswettbewerb rücken, desto stärker beginnen sich die Teams ineinander zu verzahnen. (…) In der Sicherheit des Vorsprungs gab der spanische Leader dem offensichtlich deroutierten Platzklub eine Lektion in stabiler Organisation, vorteilhafter Raumaufteilung und sicherer Monopolisierung des Balles.“
Das größte Hinterland der Welt
Ronald Reng (BLZ) entdeckt die Quelle Villareals: „Zwölf Südamerikaner spielen in Villarreal, Weltklassefußballer wie Roman Riquelme oder Gonzalo Rodríguez. Villarreal offenbart das Geheimnis des spanischen Fußballs: Sie haben das größte Hinterland der Welt, einen ganzen Kontinent. Die sprachliche und historische enge Verbindung ermöglicht es ihnen, sich in Südamerika günstig mit Klassespielern zu versorgen. Villarreal ist darin systematischer als die meisten. 60 Millionen Euro hat Präsident Fernando Roig vorfinanziert, um dieses surrealistische Gebilde zu schaffen. Doch er betreibt kein wildes Mäzenatentum. Villarreal leistet sich konsequent nur die Schnäppchenjagd: Auf den Ersatzbänken der Megaklubs fand Roig nicht nur Riquelme, sondern eine halbe Elf zu Rabattpreisen. (…) In Villarreal, der Boomtown des Fußballs, gibt es mittlerweile elf statt acht Taxis.“
Melancholiker
Paul Ingendaay (FAZ) blickt in Juan Riquelmes Gesicht und sieht den jungen, atemlosen Jean-Paul Belmondo: „Immer ist er von einer Aura der Melancholie umgeben, die sich nur verflüchtigt, wenn er den Ball berührt. Riquelme erinnert an die existentialistischen Helden alter Kinofilme, auf die am Ende der Straße der Untergang wartet. Selbst wenn er Triumphe erringt wie kürzlich beim 1:0-Sieg gegen Inter Mailand, bei dem Villarreal den modernen und die Italiener einen ranzigen, ideenlosen Fußball spielten, selbst dann bringt Riquelme vor der Kamera kaum ein Lächeln über die Lippen. Ein verschlossener, ein etwas rätselhafter Mensch. Und mit dem Ball so gut, daß er die Spanier in Verzückung versetzt. (…) Sieht man ihm zu, fühlt man sich in eine andere Epoche versetzt, als es noch den klassischen Mittelfeldregisseur gab, von dessen Taktstock die Partie abhing. Obwohl er wenig Grundschnelligkeit besitzt, hat er aufgrund überragender Technik und sicheren Raumgefühls auch die Fähigkeit, den Ball am Körper buchstäblich zu verstecken.“
Arsenal-Kultur
Christian Eichler (FAZ) bewundert die Nachwuchsförderung Arsene Wengers: „Letzten Herbst galt Arsenal London als Auslaufmodell und Arsene Wenger als ehrenwerter, aber vom Trend etwas überholter Tüftler. Wenige Monate und vier Spiele später gilt Arsenal als europäischer Hit und sein Trainer als Retter des schönen Fußballs im Kampf gegen das große Geld. So schnell kann das gehen. Die englische Presse fand das neue Wort dazu: ‚Baby Arsenal‘. Wenger hat Spieler gern schon mit 17, 18 Jahren, weil man sie dann noch perfekt formen kann und weil man in diesem Alter schon sieht, ‚ob sie von allein den Antrieb haben, immer besser zu werden‘, sagt Wenger. ‚Wenn sie ihn nicht haben, dann kann man sie vergessen.‘ Arsenals Jugendstil hat beides: Jugend und Stil. Den Stil formte Wenger in zehn Jahren zur ‚Arsenal-Kultur‘: schnelle Pässe, direktes Spiel, Zug zum Tor. ‚Positiven Fußball‘ nennt er es. Die Jugend suchte er schon immer. Thierry Henry holte er mit 21 Jahren. Heute ist Henry sieben Jahre bei Arsenal, Lauren acht, Ljungberg acht, Bergkamp elf; und Ashley Cole neun, dabei ist er erst 25. Selbst die Älteren bei Arsenal sind Junggebliebene.“ Andreas Lesch (BLZ) fügt hinzu: „Wengers Jugendstil findet auch im Ausland Beachtung. Italiens Nationaltrainer Marcello Lippi wurde in der Gazzetta dello Sport mit den Worten zitiert: ‚Arsenal hat etwas getan, was wir uns in Italien niemals erlaubt hätten.‘ Er hat einer Idee die Zeit gegeben, die sie zur Reife braucht, und vielleicht wird er in dieser Saison mit dem Gewinn der Champions League belohnt.“
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