Ascheplatz
Riesige WM-Tapete
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| Mittwoch, 26. April 2006Horst von Buttlar (FTD) warnt mit Experten die Wirtschaft vor einer Überreizung der Fußballwerbung: „Werbeexperten bezweifeln, dass das Thema Fußball jedem Unternehmen wirklich etwas bringt. Nutznießer sind vor allem die Fußballer selbst, die ihre Millionengagen mit den lukrativen Zusatzverträgen kräftig bessern. Bis zu 500.000 Euro pro Jahr betragen die Honorare. Allein Michael Ballack, der in einem halben Dutzend Spots auftritt, kassiert bis zur WM rund 9 Millionen. Die Medienagentur Nielsen Media Research hat die rasante Ausbreitung von Werbung mit WM-Bezug dokumentiert: Waren es im September 2005 noch 45 neue Motive, so hat sich die Zahl im Februar auf 264 erhöht. Viele Erwartungen der Unternehmen werden nach Ansicht von Experten wohl enttäuscht: Es gebe zu viele Spots, die Spieler seien nicht immer glaubwürdig, zu viele Firmen sprängen zu kurzfristig und kopflos auf den Weltmeistschaftszug auf. (…) Die Universität Hohenheim hat ebenfalls herausgefunden, dass nur die Firmen erfolgreich sind, die sich langfristig engagieren oder deren Produkte ‚eine inhaltliche Nähe zum Thema Fußball‘ haben. Die WM ist für die Wirtschaft ein großes Thema. Jedes zweite Unternehmen plant laut Umfragen etwas zum Event des Jahres oder hat bereits Werbung gestartet. Es gibt nur ein Problem: ‚Alle Kampagnen laufen vor einer riesigen WM-Tapete‘, sagt Michael Trautmann von der Agentur Kemper & Trautmann. Das macht es für Firmen immer schwieriger, sich mit ihrer Werbung von der Konkurrenz abzuheben. Studien haben gezeigt, dass nicht einmal die Kampagnen mit den ganz teuren Stars garantieren, dass der Markenname bei den Verbrauchern hängen bleibt.“
Sieg der Vernunft
Früher Rivalen, heute Partner – Thomas Hahn (SZ) kommentiert die Finanzhilfe Bayern Münchens für 1860 München und empfindet die neue Harmonie als Verlust: „Es geht in dieser Angelegenheit zweier Münchner Gegner um Fußball, genauer gesagt, um das, was daraus geworden ist, und deswegen muss die Leidenschaft jetzt Pause machen. ‚Verräter!‘, rufen Fans des FC Bayern, weil er sich anschickt, seinen kleineren Nachbarn und Stadionteilhaber vor der Insolvenz zu retten. Und bei 1860 wollen manche nicht auf Kosten des Erzfeindes leben. Es geht ihnen um Stolz, Vereinstugend und Identität, sie wollen ihre Feinde behalten, ihr Weltbild, das immer einfach war, Rot/Blau, Gut/Böse, Böse/Gut, und damit wohltuend anders als das normale Leben mit seinen ständigen Kompromissen. Aber dieser Stolz würde die Löwen umbringen und die Bayern viel Geld kosten. Gefühle sind zu teuer jetzt, es kann nur einen Sieger geben: die Vernunft. Das sind die Regeln einer modernen Fußball-Nachbarschaft. Zwei so genannte Erzfeinde haben sich hier so sehr angenähert, dass sie fast schon eine Schicksalsgemeinschaft verbindet, aneinander geschweißt durch einen strahlenden Ballsport-Tempel. Und das sagt schon viel darüber, wie sich die Geschäftsebene des Fußballs von den Emotionen auf dem Platz entfernt hat. (…) Wenn alles gut geht, wird der FC Bayern bald ein Lokalderby gegen seine eigene Zwangsinvestition spielen.“
SZ: Hilfe vom Erzfeind
Tsp: Bayern will den Sechzigern Kredit geben, der Zweitligist steht kurz vor der Insolvenz
FTD: Heribert Bruchhagen erneuert Kritik an Bayern